PensumTexte zum Dancefloor, Mai 2014
27.5.2014 • Sounds – Text: Bjørn Schaeffner, Collage: Ilg TrübEinmal im Monat ackert sich unser Schweizer Korrespondent Bjørn Schaeffner durch Berge von Clubmusik auf der Suche nach glitzernden Kleinoden. Diesen Monat: Rebolledo, Wendy Gondeln, Cold Colors, Kink und Radioslave. Oder: Weiße Schwäne, geliehene Bassdrums und kalter Rave.
##Rebolledo: Momento Drive - Kompakt
Die Mix-CD: Sie wurde totgesagt, mit großer DJ-Pose das Ende des Mediums verkündet. Und immer liest man in Promotexten, wenn heutzutage eine Mix-CD aufgenommen werde, dann sei das was ganz Besonderes. Ein weißer Schwan neben all den Podcast-Entlein. Die Steigerung ist ja dann eine Mix-CD von Kompakt: der weißere Schwan. Weil Kompakt-Mixe rar sind. Und meist verdammt gut. Über den Mexikaner Rebolledo hat Michael Mayer einmal gesagt: „Da ist dieser gewisse Disco-Stil, dieser ganz bestimmte Rebolledo-Sound.“ Der Pachanga Boy ist eine natürliche Wahl für eine Kompakt-Mix-CD: Gitarren, Geschmachte, große Bässe. Und siehe da, hier schwimmt der weißere Schwan daher. Da ist er wieder, der strahlende Kompakt-Mix. Glam-Rave!
##Wendy Gondeln: Fracking – Magazine
Wie die Schnittmenge aus Wolfgang Voigt und H.P. Baxxter klingt? Keine Ahnung, klar ist nur, dass der Maler Albert Oehlen mit beiden verkehrt. Für seine neue Platte als Wendy Gondeln auf Magazine hat der Techno-affine Oehlen Voigt um zwei „Gabber“-Bassdrums gebeten. Und hat jetzt das Fracking erfunden. Fracking? Jack schmeißt sich in einen Konzertfrack und musiziert: malträtierte Streicher. Rumgedrohne und Rumgefiepse. Folter-Kammer-Technomusik. Das mag einigen zu gesucht sein, mir macht diese Platte phänomenal Spaß. Vinyl mit Beilage auf 40 Stück limitiert. Kunst-Rave!
##Cold Colors: Dans le Vide - Lux Rec
Cold Colors ist Fréderick Barbe aus Bordeaux und seine Tracks tragen Namen wie „Les Ombres“, „La Solitude“ und „Vie Nocturne“. Kapiert: Düsternis rules, bonjour tristesse. Wenn auch die Namensfindung für einen zeitgenössischen New-Wave-Techno-Künstler nachvollziehbar ist. Und spielt sowieso keine Rolle, wenn die Musik so formidabel ist, wie auf der auf Lux Rec erschienenen Platte. Gerade „Les Ombres“ hat etwas von einem Instant-Klassiker: Wie Monsieur Cold Colors da einer verflossenen Liebe nachflennt! Schön poppig. Schön schön. Cold-Rave!
##Kink - Under Destruction - Macro
Strahil Velchev hat ein superlativisches Liveset am Start, und superlativisch ist auch, wie der Bulgare dazu hinter den Maschinen abgeht. Ja, ständig in Bewegung ist der Kink'sche Sound. Ein in alle Richtungen drängendes Funkeln, Gleißen und Stoben. Experimentell im Kern: was Kink spätestens mit seinem grandiosen Remix für Patrick Cowley & Jorge Socarras Track „Soon“ klar machte, den er vor fünf Jahren für Macro veröffentlichte. Dergestalt kommt nun auch das Album „Under Destruction“ daher. Gnadenlos, wie Kink hier den Club in Schutt und Asche legt. Wie er das ja sonst auch immer tut. Meta-Rave!
##Radio Slave: Don't Stop No Sleep - Non Plus
Durch den clubmusikalischen Topos der Vierviertelschlaufen stampft sich seit Jahren der Engländer Matt Edwards aka Radio Slave. Irgendwie sehr basic. Und doch sehr bummbumm. „Tantakatan“, sein bester Track, ist nicht viel mehr als ein elegant-geschlaufter Dubhouse-Loop. Manchmal hört man dieses künstlerische Credo auch wortwörtlich, nämlich dann, wenn wie auf „Repeat Myself“ oder jetzt eben „Don’t Stop No Sleep“ ein eigentliches Club-Mantra skandiert wird. Meist passen Edwards Tracks in eine dunkle, kleine Disco, haben aber diese Bigroom-Feeling. Die Kunst des dezenten Ravens. Das ist auch bei „Don’t Stop No Sleep“ so. Erschienen ist der Slammer auf Boddikas Nonplus-Label. Radio-Rave!