Mixe gibt es wie Sand am Meer. Einige sind großartig. Dieser klingt nach Disco, nach House, nach Chicago und New York – ein klassischer Prosumer eben. Perfekt im verschwitzten Angesicht drückender Sommerhitze. Mit besten Grüßen aus Edinburgh.
Um die fünf Jahre muss es mittlerweile her sein, dass Achim Brandenburg aka Prosumer der Stadt Berlin samt seiner Residency in der Panorama Bar den Rücken gekehrt hat. Schade ist das immer noch, mehr noch aber verständlich. Nacht- statt Tagarbeit und das Wochenende als Werktag – die dauerhafte Umkehr des gesellschaftlich genormten Alltags ist verdammt belastend, emotional und körperlich nicht gerade gesund. Die Beschaulichkeit der schottischen Hauptstadt tut ihm gut, die Depression, die Prosumer als einer der wenigen offen kommuniziert hat, ist kein Taktgeber der täglichen Stimmung mehr. Das gekachelte Panorama der gleichnamigen Bar ist dem Anblick von Enten auf dem kleinen Flüsschen hinter seinem Haus gewichen.
Ursprünglich kommt Achim Brandenburg aus dem Saarland. Er wurde musikalisch durch den Compilation-Ausschuss des Saarländischen Rundfunks sozialisiert, weil eine Bekannte der Eltern dort arbeitete. Nach der Schule liefen dann Tracks wie „Safety Dance“ von Men Without Hats rauf und runter. Völlig ohne Vorahnung, dass diese Platten ihm eines Tages den Weg nach Berlin ebnen würden, mit Zwischenstopp als Mitarbeiter der Hardwax-Dependance in Saarbrücken, die dort Mitte der 90er öffnete. Erste Produktionen und unzählige, unverwechselbare House-Sets; später sprang er für Ata in der Panorama Bar ein und meißelte seinen Namen für viele Jahre in den Timetable des Clubs.
Seine Sets waren der regelmäßige Roadtrip durch Orte und Geschichte von Disco und House Music: Chicago, New York, Detroit, angereist aus Richtung Berlin, immer zwischen gestrig und gegenwärtig, immer interessant und voll überraschender Begegnungen mit der Popmusik. Selbst beim 100. Besuch seiner musikalischen Heimat wusste er einem noch neue Ecken zu zeigen und hatte dabei stets die Attitüde eines Touristenführers, der es zwar toll findet, aber doch nicht gänzlich nachvollziehen kann, warum die Menschen seiner Arbeit eine solche Bedeutung beimessen. Ins Rampenlicht gehörten für ihn immer die Crowd selbst und der Sound, nicht er. Vielleicht war die sich im Laufe der Jahre langsam verändernde Richtung der Crowd – weg vom gemeinschaftlichen Tanz hin zum glasig starren Blick in Richtung Booth – am Ende sogar ausschlaggebend für seinen Weggang aus der deutschen Techno-City.
Dieser kurze Ausflug in Prosumers Bio ist mitnichten als Abgesang zu verstehen. Im Gegenteil. Sein Mix für das Crack Magazine, der mit Disco startet, kontinuierlich das Tempo anzieht und bisweilen in den tiefsten Tiefen der House Music versinkt, ist der Beweis, dass Prosumer an den Decks nicht aus der Übung ist. Zumal sich Stil und Geschmack kaum verlernen lassen.
Übrigens: Ganz weg aus Berlin ist Prosumer gar nicht. Einmal im Monat moderiert er an Seite seiner guten Freundin Tama Sumo ein Pub-Quiz im Südblock in Berlin-Kreuzberg.
Heute Abend um 21 Uhr ist es wieder so weit.