Mix der Woche: Maxime RobillardHome Spa statt Home Office
24.3.2020 • Sounds – Text: Benedikt BentlerMixe gibt es wie Sand am Meer. Einige sind großartig. Dieser hier kommt ganz entspannt von Maxime Robillard alias Love Letters.
Verrückt, was zu Hause alles möglich ist. Nicht bloß zum Essen, Schlafen, Netflixen, für die Steuererklärung und gelegentlichen Besuch sind die eigenen vier Wände da. Dieser Tage müssen sie obendrein als Arbeitsplatz, Fitnessstudio, Kita, Schule, Werkstatt, Studio, Atelier, Tagespflege oder Uni-Bib herhalten – je nach Situation sind unterschiedliche und – wie die Ersten inzwischen gemerkt haben – auch wechselnde Kombinationen möglich und nötig.
Fragt sich, wo da noch Platz für Erholung ist? Der Besuch im Saunaparadies fällt ja flach, auch wenn nicht wenige ihren Spa der Wahl als unabdingbar für die Versorgung und das Funktionieren des gesellschaftlichen Lebens betrachten mögen. Zum Saunakeller taugen die Berliner Untergeschosse gemeinhin leider auch nicht – das gilt gleichermaßen für die Variante Bretterverschlag wie auch das beliebte Modell Drahtgitterbox. Ohne Einschränkungen und Workarounds geht folglich auch in dieser Hinsicht nichts. Ein viel zu heißes Bad muss dem Sauna-Gefühl gereichen, wobei die Platzierung einer Sanduhr in Sichtweite ein maßgeblich entscheidender Faktor fürs richtige Feeling ist. Die Massage sollte nur von jemandem aus gleichem Haushalt übernommen werden, da hier der Sicherheitsabstand von anderthalb Metern deutlich unterschritten wird. Vorsicht beim Hantieren mit heißen Steinen aus dem Backofen! Ist niemand da (was dieser Tage ebenso Segen wie Fluch bedeuten kann), muss die Elektro-Matte ran – oder ganz verzichtet werden. Immerhin: Gesichtsmasken sind bei DM wohl noch in verhältnismäßig großer Auswahl verfügbar – Skin Care ist in vollem Umfang möglich.
Während beim Original meist das Gebot der Stille gilt, steigt der Grad der Entspannung im DIY-Wabali umso mehr mit der richtigen Playlist bzw. dem richtigen Mixtape: Sanft und ruhig sollte es zugehen, schöne Ambient-Texturen und feingliedrige Instrumental-Arrangements sind ein Plus – freistehende Einwürfe und musikalisches Amüsement aber ebenfalls nötig. Dank ihnen lässt sich zum Beispiel über die zeitweise Doppelrolle des Bademantels als Wellness-Textil und Arbeitskleidung sinnieren. Vielleicht sogar schmunzeln. Dann scheint alles für einen kurzen, wichtigen Moment mal gar nicht so schlimm und weniger ernst. Und damit ist schon ein Stück Erholung gewonnen.
Tracklist
- Patrick Cowley - Bore & Stroke
- Views - Found
- Molly Nilsson - Some Need Powder
- Ana Roxanne - It’s A Rainy Day On The Cosmic
- Milan W. - Float
- Sugai Ken - Mayorga
- Nick Malkin - Into the Light
- Ambienti Coassiali - Stanza 1
- Vito Ricci - It Tolls for Thee
- Beat Happening - Ask Me
- Humberto Polar - Fieles
- Jun Fukamachi - Untitled
- Klara Kormendi - Mouvement De Menuet (Maurice Ravel)
- Portishead - Deep Water
- CYD - Not So Shallow
- Nehoki - Italien
- Les Deux Filles - Piroette
- Dots - Seaweed
- La Funk Mob - Ravers Suck Our Sound & Get Fuck
Maxime Robillard ist Co-Betreiber des kleinen aber feinen Studios Vague Heat in New York und macht nicht nur rhythmische Musik als Love Letters, sondern auch Ambient als Teil des Duos Hypnotic Spa, wobei der eh schon trashig klingende Künstlername dem Soundcloud-Profil nach auch in der Bildsprache konsequent umgesetzt wird. Sehr sympathisch – nebst tollem Mix: