Mix der Woche: Lorenzo Senni – The Shape Of Lorenzo To ComeRaverbashing
14.11.2017 • Sounds – Text: Thaddeus HerrmannMixe gibt es wie Sand am Meer. Einige sind großartig. Dieser hier kommt vom hyperaktiv ravenden Megaraver Lorenzo Senni und ist mehr Cutup und Mashup als wohl überlegter Flow. Der Warp-Künstler nennt das Voyeurismus. Also: Rave-Voyeurismus. Raverbashing hätte auch gepasst.
Endlich ist klar, warum der Rave aktuell vermehrt Sonnenbrille trägt. Weil Lorenzo Senni mit seinen Tracks derart heftig und standhaft in dessen Richtung pinkelt, dass das ins Auge gehen könnte. Der Mailänder ist eher so der hektische Dekonstrukteur des historisierten Dancefloor-Verständnisses und arbeitet sich beflissen an der Sturm-und-Drang-Phase des Eurodance ab, einer Zeit also, in der genau dieser Begriff noch gar nicht erfunden war. Der grell überzeichnete Urknall einer Musik-Epoche, die noch gar nicht so lange zurückliegt und doch schon aus zeitgenössischer Perspektive rezipiert und neu interpretiert werden kann. Diese Hubba-Bubba-Blase ist immer kurz vor dem Explodieren und bestimmt nicht für jeden das Richtige, eigentlich aber auch nichts anderes als Aphex Twins oder Like Viberts Breakcore-Wahnsinn mit anderen Mitteln.
Nun hat Senni einen Mix gemacht. Passend zu seiner noch aktuellen Platte – „The Shape Of Trance To Come“ – nennt er ihn „The Shape Of Lorenzo To Come“ und quetscht rund 486 Tracks in 55 Minuten. Wer dem problemlos folgen kann, sollte vom Schreibtisch aufstehen und E-Sports-Profi in Südkorea werden. Zwischen viel zu süßlich glitzernden Highend-Tracks, die nicht mal Sara Dietschy unter ihre YouTube-Videos legen würde, angetäuschten Klassikern – Moby, Daft Punk, natürlich immer im Edit und/oder Remix, bis zu schwer windendem Niemandsland zwischen Strobo, Trockeneis und E-Bowle. Gehört entweder ins Museum oder in den Müll, kann aber erst nach dem nächsten Rave entschieden werden.