Mix der Woche: FiedelBerghain NullAcht

20180130 Mix der Woche Fiedel Berghain 08

Fotos: Danny Croucher

Mixe gibt’s wie Sand am Meer, Mixe wie diesen hier ganz sicher nicht. 37 Titel verarbeitet Berghain-Resident Fiedel in 140 Minuten für die neueste, achte Ausgabe der Berghain Mix-Compilation. Bleibt die Frage, woher man am Dienstagnachmittag den passenden Floor bekommt.

Berghain-Floor ist Berghain-Floor ist Berghain-Floor – es sei denn Fiedel spielt. Ihm geht und ging es schon immer um mehr als die trockene Bassdrum, die über weite Teile des Wochenendes die dunkle Halle beherrscht. Seine Sets sind eine Reise durch 25 Jahre Techno, die Tracks immer wieder auch Liebesgrüße an die Weggefährten und Altbekannten, die er in den vergangenen Dekaden im Berliner Technozirkus kennengelernt hat. Und sein Faible für Disco, gebrochene Beats und völlige Wendungen bleiben Garant der Abwesenheit von Langeweile. Für diesen Mix, live und ungeschnitten aufgenommen am Ort des Geschehens, gilt das sicher umso mehr.

Da ist zum Beispiel Eletric Indigo, deren großartiger, schwergängiger Opener es auch auf die begleitende Exclusive EP geschafft hat, die mit dem Mix erschienen ist. Man kennt sich ewig, natürlich von der Hardwax-Theke. Da ist Rok, dessen Hit „Coke N Shit“ das Set mal eben in die EBM- und Dark-Wave-Sphären der 80er schießt, auch wenn der Track selbst aus 2003 stammt. Vielleicht steckt genau darin die eigentliche Kunst Fiedels: Die gespielten Platten bilden stets mehrere Jahrzehnte Technoreleases ab, doch im Kontext seiner Sets lässt sich eine Platte nur selten im tatsächlichen Zeitraum ihres Releases verorten. Für die Tracks von Avgusto – rollende Bassdrum, und nach 90er und Detroit schreiende Synthies – und den Track von Ø [Phase], den Peter Van Hoesen in eine Ode an die Anlage des Berghain verwandelt hat, gilt das ebenfalls.

Tracklist

1 Electric Indigo | Registers (00:00)
2 Planetary Assault Systems | Kat (04:40)
3 Jay Clarke | In The Shadows (08:57)
4 Savas Pascalidis | Nautilus (12:44)
5 Robert Hood | Spectra (15:53)
6 DJ Hell | Please Get Out (18:52)
7 Noncompliant | Women’s Work (22:49)
8 Juan Atkins | Session 1 (Original) (26:59)
9 Ø [Phase] | Binary Opposition (Peter Van Hoesen Process) (30:21)
10 Stefan Rein | Panther (34:20)
11 Unknown Force | Circuit Maximus (39:49)
12 Ausgang | Acetat (43:57)
13 Espen Lauritzen | F/T/S (46:45)
14 Avgusto | Hidden Visitors (50:50)
15 Gonzalo MD | Violent Environment (55:13)
16 Luis Flores | 43 (57:35)
17 Jeff Rushin | Atom (1:01:58)
18 Ron Albrecht | Several Faces (1:05:08)
19 Remco Beekwilder | Planet Acid (1:09:11)
20 Messiahwaits | Journey To Mars (1:12:43)
21 Espen Lauritzen | Cid B (1:15:44)
22 Rok | Coke N Shit (1:17:54)
23 Space DJz | Side On (1:22:42)
24 Your Silent Face | A Place Where Arms Bend Backwards (Fiedel's Rework) (1:24:47)
25 Substance | Gannets (1:27:08)
26 Fiedel | Track 432 (1:34:37)
27 Marcel Dettmann | Planning (1:38:15)
28 Lewis Fautzi | Diffracted (1:41:14)
29 Steffi | Exit The Ego (1:45:06)
30 Sandbenders | If Possible (1:48:30)
31 Dopplereffekt | Voice Activated (1:51:31)
32 Shake | Frictionalized (1:54:30)
33 Boris & Fiedel | Div’hain (1:58:24)
34 Errorsmith | I’m Interesting, Cheerful & Sociable (2:04:00)
35 Cooly G | Phat Si (2:07:43)
36 Hodge | No Single Thing (2:11:09)
37 rRoxymore | Tropicalcore (2:13:20)

Um der Aufnahme Live-Leben einzuhauchen, hat Fiedel den Raum über ein Mikro aufgenommen und das Publikum als Field Recording sparsam in den Mix eingeflochten. Spätestens als Shakes „Frictionalized“ den Mix in sanfte Schwerelosigkeit umkrempelt, aus dem Stampfen ein Schwofen wird, und vom Geschrei auf dem Floor nur noch Gemurmel übrig bleibt, wäre man wirklich gern anwesend gewesen.

Die gesamte Plattensammlung auf den Kopf zu stellen, Unveröffentlichtes auf Dubplates zu pressen, einen Haufen E-Mails zu schreiben und Anrufe zu tätigen um von allen Künstlern die Erlaubnis zur Verarbeitung ihrer Tracks im offiziellen Release einzuholen – all das hat sich ziemlich gelohnt, weit über den Playtime im Berghain hinaus.
Ohne jeden einzelnen Mix der Reihe im Kopf zu haben:
Dieser hier ist einer der besten.

Die dazugehörige EP mit vier Exklusiv-Tracks, gibt's auf Vinyl und in der Streaming-Welt:

„Berghain 08“ ist auf Ostgut Ton erschienen.

Der Schrott über uns„Stuff in Space“ zeigt die Flugbahnen des erdnahen Raumfahrtmülls

Cautionary TalesFaszinierender Kurzfilm über das Anderssein