Kings of Convenience, VC-118A, black midiWochenend-Walkman – 18. Juni 2021

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Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Kings of Convenience, VC-118A und black midi.

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Kings of Convenience – Peace or Love

Jan-Peter: Letztes Jahr, kurz vor dem Lockdown, war ich in einem feinen Restaurant essen (das es leider jetzt auch nicht mehr gibt). War ein schöner Abend, richtig gute Küche, super Weine und es lief, obschon der Laden bisschen schickimicki war, The Whitest Boy Alive. Fand ich total super und habe mich irgendwann zwischendurch gefragt, was ist eigentlich mit Erlend Øyes anderem, bekannterem Bandprojekt, Kings of Convenience? Long time no hear. Bin drüber weggekommen, nur um jetzt erfreut festzustellen: Es gibt was Neues und in den letzten zehn Jahren habe ich nichts verpasst, weil es einfach zehn Jahre lang kein Album gab. Quiet Is The New Loud von 2001 ist Teil meiner Indie-Ausbildung auf dem zweiten Bildungsweg nach Schranz-Abitur, Failure eines meiner absoluten Lieblingsvideos, die norwegische Version von Jules und Jim. Mit „Peace or Love“ stellen Øye und Bøe uns vor die richtige Wahl, musikalisch geht es genau so weiter, wie man es vom Duo kennt: charmant, liebevoll, ganz knapp am leicht Kitschigen vorbei, diese wunderschöne Zweistimmigkeit. Irgendwie ist in allen Stücken Sommerlicht drin wie auf dem Coverbild. „Zart aber herzlich“ steht bei Apple Music drüber. Nein, aber ja. Schön, dass ihr wieder da seid.

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VC-118A – Spiritual Machines

Thaddi: Anfang der Woche saß ich mit einem Kollegen allein im Saal 1 des Berliner Funkhaus und wartete. Worauf und warum tut hier nichts zur Sache. Ich durchschritt die Parkett-Orchesterwanne und dachte darüber nach, was für Musik ich hier jetzt gerne hören würde. Und ich war irgendwie auf Techno getrimmt. Ich gehe davon aus, dass ich auch 2021 keinen Club freiwillig betreten werde, habe mir aber immerhin in den vergangenen Wochen mein Bekenntnis zum Swing wieder erobert. VC-118A swingt wie die Hölle. „Spiritual Machines“ ist das vierte Album von Samuel van Dijk unter diesem Projektnamen. Und es atmet den Geist des Electro, kombiniert mit den unendlich verzahnten Groove-Mechaniken von Künstler:innen wie Autechre, durchströmt von einer fast schon perplexen Einfachheit – und gepaart mit einem Sound Design, das tief im Dub verwurzelt ist. Dabei geht es weniger um die so typischen Echo-Schleifen, sondern vielmehr die alles durchdringende deepe Leichtigkeit. Slammer nach Slammer nach Slammer gräbt sich van Dijk durch die Geschichte hypnotischer Euphorie. Solche Alben sind zwar einerseits ein bisschen austauschbar (van Dijk ist nicht der einzige, der sich mit dieser Spielart auseinandersetzt), gehören aber gleichzeitig aber auch mindestens in die Audio-Abteilung des MoMa. Weil diese Musik die bewusst-reduzierte, klassische Moderne spiegelt. Also genau den Futurismus, der mich auch 2021 jeden Morgen noch aufstehen lässt.

black midi – Cavalcade

Ji-Hun: Musik passiert immer in Zirkeln. Aktion, Reaktion, Deepness, Profanität, Politik, Meinungsverdrossenheit. Hätte ich eine Zeitmaschine, würde ich kurz gerne in die 70er zurückreisen. Die Ära von Bombast, Psychedelic und Prog. Frank Zappa, Genesis, Queen, Pink Floyd und wie die Stimmung irgendwann kippte und all die Gegenbewegungen Ende des Jahrzehnts entstanden. Irgendwann hatten die Menschen die Nase voll von Virtuosität, Komplexität, Breitwand-Muckertum und Frickelei. Fair enough. DIY, Punk, DAF. Einfach, auf die Fresse, laut und direkt sollte es sein. Popkultur musste auch ohne Skills funktionieren. Demokratisierung, Lärm für alle. Die 2010er waren ebenfalls von einem Simplizitätsgedanken durchzogen. Das ist nicht kategorisch negativ gemeint. Heute gibt es mit EDM und Rap Mainstream-Genres, die allesamt am Rechner alleine gebastelt werden können und für viel Klicks und Revenue sorgen können. Offenbar von dieser Schematisierung angenervt gibt es nun indes eine neue Generation von Musiker:innen, die das Virtuose und Vertrackte wieder entdecken. Das Können am Instrument ist wieder bedeutsam geworden. Man hat den Schmalz der grauen Progrock-Daddys abgeschüttelt. Ob junge vibirerende Jazz-Szenen oder auch britische Bands wie Puma Blue oder Black Country, New Road überraschten dieses Jahr mit ausufernden Strukturen, Arrangements und tollen musikalischen Fähigkeiten. Ebenfalls aus England kommt die Band black midi, die vor einigen Wochen ihr zweites Album auf Rough Trade releasten. „Cavalcade“ verhält sich nicht unähnlich zu Black Country, New Road. Stilistische Versatilität, (Free) Jazz-Elemente, Tempiwechsel und Songwriting der feinsten Klinge gibt es hier in einer Intensität und Dynamik, dass einem die Spucke wegbleibt. Auch das hier klingt frisch und sehr neu, weil Eklektizismus hin oder her, so verbunden und amalgamiert hat man diese Musik noch nicht gehört. Auch nicht bei Mr. Bungle in den 90ern. Hier ist nichts altklug, es schreit nach Anxiety und Protest und bringt den Glauben an gut gemachte Musik wieder zurück.

Gute KartenHits in aller Welt

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