Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Kate Bollinger, Calibre und Brainwaltzera.
Kate Bollinger – Look At It In The Light
Jan-Peter: Mit dem Label Ghostly International verbinde ich ja wesentlich unbuntere, weniger gutmütige Musik. Aber ist auch nicht so wichtig, denn die Musik von Kate Bollinger macht gute Laune und derer können wir nicht genug gebrauchen, nech? Die Künstlerin aus Virginia wurde wohl einem größeren Publikum bekannt, als – of all people – Kanye West, der ist auch ein Fan von ihr, ihr Stück „Candy“ auf seinem Album „Donda“ samplete. Feist, Cat Power, die großen Namen des nordamerikanischen Singer-Songwriterinnentums klingen hier durch, die filigrane Stimme und die relaxte Gesamthaltung färben ihre neue EP „Look At It In The Light“. Vielen Dank für knapp 20 schöne Minuten.
Calibre – Double Bend
Thaddi: Gefallen mir sehr gut, die neuen Tracks von Calibre. Mehr kann ich dazu eigentlich schon gar nicht mehr sagen, denn: Was weiß ich denn, was 2022 im Postgaragenjungle abgeht! Nichts, null, nada. Was ich aber weiß, bzw. schon immer wusste: Ich mag all das besonders gern, was eher smooth daherkommt. „Turtle Duv“ ist so ein Stück, „Rare Groove“ oder auch „Im Ent“. Dann schimmert diese Musik so wundervoll klar und alles durchdringend. Allein diese Tracks hätten eine Killer-EP gemacht. Vielleicht gibt es die ja sogar. Und überhaupt „Rare Groove“. Das ist genau die Art von Komposition, zu der ich stundenlang bei hoher Geschwindigkeit in die Nacht hinausschauen könnte. Und ich würde die Welt verstehen. Das ist schon lange nicht mehr vorgekommen.
Brainwaltzera – ITSAME
Ji-Hun: Das erste Album des mysteriösen Producer Brainwaltzera von 2017 hatte bei mir schon tiefen Eindruck hinterlassen. Selbst die Jungs hinter dem Label FILM konnten mir nie etwas Genaues zu der Person sagen (oder wollten auch nicht). Aber am Ende ist das auch gar nicht so wichtig, wenn die Musik doch im Vordergrund stehen sollte. Brainwaltzera hatte in der Zwischenzeit diverse EPs veröffentlicht. „ITSAME“ ist aber der erste Longplayer nach dem Debüt „Poly-Ana“. Und auch das neue Album ist Electronica in bester Klasse. Fein tarierte Produktionen, kluge Beat-Dekonstruktionen und hervorragendes Songwriting machen die Qualität der Tracks aus. Man muss in dem Zusammenhang auch nicht immer Aphex Twin nennen, nun habe ich das zwar doch gemacht, aber soll nicht heißen, dass es hier als einfacher Epigon zu werten ist. Es geht eher um die hohen Standard, der hier gelegt wird. Mich erinnert das auch an wohlige CCO-Zeiten, da mag Kollege Herrmann vielleicht abwinken, aber auch damals wurden qualitativ ständig Messlatten positioniert und Zeitlosigkeit gibt es auch hier und das muss man in dieser Form erstmal schaffen.