Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute werden aus diesen drei Meinungen nur zwei. Dafür aber mit vier Platten. Verwirrt? Wir auch. Mit: John Tejada und Broadcast.
John Tejada – Sleepwalker
Thaddi: Wenn ich auf einem Album sieben von acht Tracks wirklich hart feiere, stehen die Chancen gut, dass Herr Tejada eine neue Platte veröffentlicht hat. So auch heute. Dabei hilft mir sehr, dass sich der Kalifornier auf „Sleepwalker“ für eines meiner liebsten Sounds in der elektronischen Tanzmusik als Leitmotiv entschieden hat: krisselnde Chords und Pads. Als ich noch wusste, wie man in Logic Audio Musik macht, hätte ich dafür den Bitcrusher angeworfen, um der allzu gradlinigen Klarheit ein wenig Dreck in die Piano-Rolle zu schreiben. Heute geht das bestimmt ganz anders und viel besser. Fest steht: So moody war John Tejada lange nicht mehr. Das kann der Welt da draußen geschuldet, die während der Produktion drückte, oder aber ein kognitiver Rücksturz auf früher. Ob nun mit klassischen House-Akkorden oder – lange nicht mehr bei ihm gehört – einem Fokus auf dubbigen Versatzstücken, angetäuschten 80er-Basslines oder bei „Unafraid“ der Liebe für das kurze Zeitfenster, in der Electro mit Electronica in den Flitterwochen war. Auffällig: In allen Tracks wird mehr weggelassen als hinzugefügt. Eine frische Brise für die Auseinandersetzung mit unser aller Erbe. Auf „Sleepwalker“ kommt jeder Sound mit genug Charakter für ein eigenes Album. Könnte eine Serie draus werden. Muss aber nicht. Einfach weitermachen, bitte.
Broadcast – Microtronics Volumes 1 & 2, Mother Is The Milk Way, Maida Vale Sessions
Ji-Hun: Die Band Broadcast aus Birmingham war 2000 das erste Band-Signing des Elektronik-Labels Warp und hat meine Liebe direkt erobert. „The Noise Made By People“ mit dem perfekten Song „Come On Let’s Go“ lief bei mir viel und lang. Aber auch die Folge-Alben „Haha Sound“ und „Tender Buttons“ sind exzellent gealtert und lässt die Band noch mehr vermissen. Im Januar 2011 starb Trish Keenan. Dieses Wochenende, über zehn Jahre nach ihrem Tod, erscheinen nun drei Alben von Broadcast und es lohnt sich, diese genauer anzuhören. „Microtronics – Volumes 1 & 2“ wurde ursprünglich als Mini-CD 2003 und 2005 auf den Touren der Band verkauft und wurde neu gemastert. Spröde, elektronisch-experimentelle Skizzen, die aber eine ganz eigene verzerrte Ästhetik haben. „Mother Is The Milky Way““ kam 2009 als Tour-Exclusive auf CD. Es ist das coolste Pop-Album mit Blockflöte. Nicht zuletzt die „Maida Vale Sessions“ für die BBC, die zwischen 1996 und 2003 entstanden. Ein 15 Song starkes Best-Of in toller Soundproduktion und der Beweis wie brillant präzise und gut die Band auch live gewesen ist.