Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Freund der Familie, Madalyn Merkey und Astrid Sonne.
Unknown – Grau 2 (Concrete Versions)
Thaddi: Ich will, kann und möchte meine Liebesbeziehung zum Dub mit technoidem Anschluss hier nicht mehr ausrollen. Ich komme nun mal aus einer Zeit, in der die VÖs auf Burial Mix und Rhythm & Sound meine Welt nachhaltig veränderten. Natürlich bin auch ich in den vergangenen Jahren ein wenig abgestumpft. Worum es bei diesem Sound eigentlich geht – daran erinnern mich aktuell diese vier Tracks auf/bei/von Freund der Familie. Im Oktober 2020 erschien Grau 1 – es ist eine Ewigkeit her, gefühlt. Und in der Zwischenzeit habe ich mich bemüht, bei allem Desinteresse so viel Musik wie möglich zu hören – aus den unterschiedlichsten Ecken und Genres. Wenn mir jetzt diese vier neuen Tracks entgegen knallen, die so nah an damals sind wie nichts anderes, werde ich zunächst traurig. Weil ich die Euphorie von damals, das Abtauchen in einen Echo-Loop so dermaßen vermisse. Gleichzeitig schöpfe ich aber auch Hoffnung. Weil diese Art von Musik und von Tracks nichts anderes spiegelt als Hoffnung und Antrieb. Ich zerfließe in den Chords. Nur eben auf andere Weise als früher. An Wirkmacht kommt diesem Sound immer noch nichts auch nur ansatzweise nahe. Ich bin dankbar. Und weggeschossen. Und verliebt. Und weg, weil ich zig GB an Musik neu erforschen muss.
Madalyn Merkey – Puzzle Music
Christian: Madalyn Merkey nutzt als Experimental-Musikerin versatile Methoden und Klangquellen. Für ihr neues Album „Puzzle Music“ hat sie autonome Synthesizer-Figuren und deren jeweils eigenen Logiken zu neuen Stücken montiert, jedoch ohne dabei das Prinzip der Synchronität zentral zu setzen. Nichts muss sich hier zu einem Ganzen fügen. Das Ergebnis dieser Ergebnisoffenheit mutet an wie generative Musik: Muster können identifiziert und beim Auseinander- und wieder Zusammenfallen beobachtet werden. Diese Musik hat etwas positiv Verunsicherndes. Kaum auszumachen was Zufall, was Eigenleben der Maschine, und was dann doch ein präziser, künstlerischer Eingriff ist. Die Frage nach der Autorschaft bleibt in Merkeys Puzzles fast offensiv unbeantwortet.
Astrid Sonne – outside of your lifetime
Ji-Hun: Die Komponistin und Produzentin Astrid Sonne stammt aus Kopenhagen und ist gelernte Bratschistin. In ihrem Album „outside of your lifetime“ geht es um die Endlichkeit des Lebens, aber auch postapokalyptische Szenarien und transzendente Existenzen. Es schwingt viel bildende Kunst mit, zu dem Album wurden drei Gaming-Räume programmiert, die auf ihrer Webseite erfahren werden können. Das Artwork basiert auf einer Skulptur von Aia Sofia Coverley Turan und auch generell ist die Arbeit gesamtästhetisch interessant und diskursiv angelegt. Die Tracks von Astrid Sonne haben bei aller Seriosität auch was Utopisches. In Zeiten der Unsicherheit mutet das Album wie ein freundlicher Begleiter an, der viel Spannendes zu erzählen hat.