Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Fletcher Tucker, Basic Rhythm und Audrey Nuna.
Fletcher Tucker – Unlit Trail
Kristoffer: Fletcher Tucker, das klingt als Name entweder nach Flanellhemden und Trucker-Caps oder doch nach dem Protagonisten einer in Los Angeles situierten Krimi-Serie aus den späten achtziger Jahren. Zuerst untergekommen ist er mir im Katalog von Adagio830, einem verlässlichen, weil immer wieder überraschenden Label. So ist auch „Unlit Trail“: Es beginnt mit einem Drone-Track, zu dem sich die (frühe) Hildur Guðnadóttir und Kali Malone die Hände reichen könnten, geht zu minimalistischem Crooner-Folk über, macht mit Klangschalen-Gedengel weiter und zieht genussvoll lange (Orgel-?)Töne durch die folgenden Songs, die auf viel Geraschel enden. Das Album ist gleichermaßen als Langformkomposition zu verstehen, wie es Teile aus Tuckers voriger LP – note to self: unbedingt mal anhören – neu arrangiert. „Unlit Trail“ fließt und treibt, weht und windet durch verschiedene Stimmungslagen und Stile, denen zum besseren Übergang die Kanten abgeschmirgelt wurden, und die in ihren dezenten Modulationen doch immer wieder überraschen. Die beste Dauerregenplatte des Jahres, mindestens.
Basic Rhythm – Electronic Labyrinth
Thaddi: Ich liebe die Musik von Anthoney Hart, vor allem seine Releases als Basic Rhythm. Bitte sehr. Auch wenn ich auf Idee kommen würde, mir das während eines Spaziergangs anzuhören (ich stolpere so schon genug), zeigt er mir mit jeder Platte, dass nichts ist, wie es scheint. Und ganz ehrlich: Haben wir in den vergangenen zwölf Monaten ein anderes Learning mitgenommen? Eben. Auf seinem neuen Album für Planet-Mu geht die Dekonstruktion des Dancefloors weiter – immer gepaart mit hoch komplexen Lösungsansätzen für die feinmechanische Zusammensetzung. Hart agiert mit Samples wie Hochbegabte mit Klemmbausteinen. So entstehen die irrsten Konstrukte, durchsetzt mit brückenbauenden Referenzen, die es uns erleichtern, sich in diesem Labyrinth zurechtzufinden. Und wie nach jeder guten Nacht den Ausgang zu finden. Offensiv, alles umarmend, was nicht beim 5. Takt auf den Basslines ist, verquer, hintergründig, öffnend. So gut. Und wie beim letzten Mal spielt auch auf dieser Platte ein Sample eine Rolle, bei dem bei mir alle Füße in den Club fliegen. Findet ihr bestimmt selbst raus.
Audrey Nuna – A Liquid Breakfast
Ji-Hun: Die 22-jährige Künstlerin Audrey Nuna stammt aus New Jersey und hat mit „A Liquid Breakfast“ ein frisches und inspiriertes R&B/HipHop-Album-Debüt herausgebracht, das auch Zeichen für den Wandel der Musikwelt ist. Sie sprengt phänotypische Klischees, wird aber nicht nur deshalb in den USA derzeit gehypt. Audrey ist versatil, rappt, singt und croont mit viel Talent und Aussage. Ihre Beats sind nie überladen, dafür smart, harmonisch raffiniert und pointiert. Ein Hoffnungsschimmer im Pop. Nuna heißt große Schwester auf Koreanisch, aber nur für Jungen und Männer wohlgemerkt. Das spricht für Selbstbewusstsein und eine hoffentlich lange Karriere, auf die man respektvoll hinaufschaut.