Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Driftmachine, Firekites und CVBox.
Driftmachine – Spume & Recollection
Thaddi: Die Tatsache, dass der letzte und bislang einzige Eintrag zu Driftmachine in diesem Magazin aus dem Jahr 2014 stammt, ist auf unterschiedlichste Weisen erschütternd. Wie lang machen wir das hier schon? So lang machen wir das hier schon? Warum machen wir das hier schon so lang? Ich werfe diese Zeit-relevanten Fragen nicht ohne Grund in den Ring, denn: Driftmachine – Andreas Gerth und Florian Zimmer – arbeiten analog, mit Modularsystemen, präzise verschalteten Komponenten, die im Ensemble plötzlich swingen und dann genau den wieder vergessen. Vielleicht waren mir genau deshalb analoge Schaltkreise immer besonders sympathisch: Das Feeling entsteht im Moment. Wohl allen, die in diesem Moment auf „Aufnahme“ drückten oder das immer noch tun. Nun möchte ich Driftmachine hier unter keinen Umständen als verpeiltes Duo abtun, die sich ab und an zum Jammen treffen und die Ergebnisse dieser Jams dann veröffentlichen. Nichts liegt mir ferner. Dazu sind beide Musiker auch viel zu clever und vor allem auch zu erfahren. Dafür klingt „Spume & Recollection“ viel zu überlegt, geplant, komponiert. Das Gleichgewicht zwischen Mensch und Maschine ist in Ordnung – mit einem leichten, aber doch deutlich spürbaren Pendelschwung gen Mensch. Das neue Album kling für mich – und nur für mich, also ganz persönlich gesprochen, wie eine zeremoniell perfekt angerichtete Friedenspfeife zwischen Duet Emmo und Rhythm & Sound am Camping-Tisch des Federhalls. Wunderbar deep. Und gleichzeitig wunderbar random – also irgendwie vertraut, bekannt und doch vergänglich. Natürlich fängt diese Beschreibung die Wirkmacht dieser vier Kompositionen nicht mal ansatzweise ein. Weil die beiden Musiker hier wirklich nachhaltig mit den Modulen, den Maschinen kommunizieren. Kann man sich mit abschießen. Kann man aber auch drin aufgehen. Es ist Mitte März, und ich bin bereit, den ersten Kandidaten des Albums des Jahres auszurufen. Diese Musik ist so unfassbar – erfüllend, informationsreich und zukunftsweisend. Wer mir nicht glaubt, höre zuerst den vierten und letzten Track des Albums. „Soon I Will Disappear“ ist der definitive Abgesang auf unsere Zeit. Und wir nehmen uns an den Händen und driften hinüber in eine bessere Welt.
Firekites – The Bowery
Ji-Hun: Die australische Band Firekites habe ich glaube ich durch Thaddi entdeckt. Als noch wöchentlich kiloweise CDs und Platten in die De:Bug-Redaktionsräume geschickt wurden, in diesen stets bedrückenden Stapeln muss er diese Perle gefunden haben und ist auf Wegen auf meinem Rechner gelandet. Firekites sind Tim McPhee, Pegs Adams und Ben Howe aus Newcastle in New South Wales. Produziert wurde „The Bowery“ 2008 von Wayne Conolly. Und auch nach Jahren – Ich habe das Album einige dutzend Male schon gehört, aber die letzten Jahre völlig verdrängt – ist es für mich noch immer ein Lieblingsalbum. Einfacher und schöner kann man Songs mit Gitarre kaum machen. Ein Klassiker, den viel zu wenige kennen dürften.
CVBox – TeqNoTV
Benedikt: Die Acid-Line schlängelt sich mal suppend, mal prägnant durch einen dichten, aber dennoch aufgeräumten Sound, in dem alles individuell hörbar wird und der wie ein Pendel oberhalb House und Techno hin & her schwingt. „Total CV“ erlöst einen mit aufgehenden Flächen vom konstant kreisenden Wummern der Bassline als man längst nicht mehr damit rechnet und bringt tatsächlich einen Funken Dancefloor-Magie ins Wohnzimmer. Zur Besinnung aufs Wesentliche, die CVBox auf „TeqNoTV“ – einmal mehr – großartig gelingt, gehört auch der behutsame Umgang mit dem Energie-Level, der sich zu weiten Teilen in präzisen Nuancen abspielt. Hier scheint sich jemand nach dem Dancefloor zu sehnen.
