Calibre, Nur Jaber, Freelove FennerWochenend-Walkman – 05. März 2021

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Gif: giphy.com

Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Calibre, Nur Jaber und Freelove Fenner.

Calibre Feeling Normal Cover

Calibre – Feeling Normal

Ji-Hun: Der ursprünglich aus Belfast stammende Dominick Martin aka Calibre macht seit 20 Jahren Musik, betreibt das Label Signature Records und hat nun mit „Feeling Normal“ sein 16. Album veröffentlicht. Das muss man erstmal … In dieser Zeit hat Calibre einen ganz eigenen wunderbaren Sound entwickelt, eine zeitlose und kompromisslose Weiterschreibung des Hardcore Continuums – UK Garage, Breakbeats, vor paar Jahren hätte man noch Poststep dazu gesagt. Die 13 Tracks bewegen sich alle im Spektrum 140 BPM und obschon ich an unvergessliche und noch heute physisch nachhallende Substance-Scuba-Abende im Berghain denke, wird schon klar, wieso es zwar heute noch Musik von Calibre gibt, aber eben keinen Dubstep mehr. In Musik geht es auch ums Musikalische. Die Produktionen von Calibre sind allesamt exzellent, erinnern in ihrer klaren Abgehangenheit an John Tejada, es gibt fein gedachte Songs, viel Gespür für Harmonien – ganz schön edel das alles. Und dann natürlich diese hoch auflösende Fettheit in den Beats, die Auto-Subwoofer-Tauglichkeit – das Einfache, Direkte, diese Trainingsjackentauglichkeit. Das holt mich tief ab. Es lässt mich an süße 2Step-Zeiten mit Jan-Peter und Sulgi an der Uni denken und wird definitiv der Soundtrack für meinen Home-Rave dieses Wochenende. Um es um Hardwax-Sprech zu sagen: Killer Album!

Nur Jaber Walkman Cover 2

Nur Jaber – Awakened Whisperer

Benedikt: Die in Beirut geborene und in Berlin lebende Künstlerin Nur Jaber veröffentlichte bislang vor allem auf ihrem eigenen Techno-Label OSF. Zusammen mit Visual-Artist Amélie Prevoteau hat sie nun allerdings If Only gegründet. Auf dem neuen Label soll es nicht mehr vordergründig um Techno gehen, stattdessen: Soundscapes, Filmmusik, plus eine starke visuelle Komponente. Verständlich ist das, denn Nur Jabers bisherigem kompromisslosen Techno fehlt derzeit der Zweck aka Floor. Dass sie auch ganz anders kann, und das ziemlich gut, zeigt sie mit der ersten Katalognummer auf If Only eindrücklich. Zarte Keys in tiefstem Moll auf dunklen Flächen, aufflammende Melodien die von hartem Synth-Arpeggio durchkreuzt werden, harte, nachhallende Drum-Patterns vor bedrohlicher Synth-Kulisse. Der Film dazu spielt sich von ganz allein ab. Eine starke EP.

Freelove Fenner

Freelove Fenner – The Punishment Zone

Thaddi: Mein Plan für 2021 ist ja eigentlich, auf jeden zweiten Pitch für Interview/Review/etc. zu antworten: Ja, ich wünsche mir auch ein neues Album von St. Etienne im Stil von früher. Mal sehen, wie das so ankommt, bzw. läuft. Ich halte euch auf dem Laufenden. Freelove Fenner klingen natürlich überhaupt nicht wie St. Etienne – zum Glück. Die Band aus Montreal macht gerne alles analog. Und will doch nur Popsongs schreiben. Läuft. Wer sich in der Geschichte von 4AD auskennt, kann hier sofort anknüpfen. Ich meine Lush, wahrscheinlich eher Pale Saints ohne die Männer und mit mehr Soul und Humor. Das ist natürlich alles wahnsinnig despektierlich, weil: Das ist schon etwas sehr Eigenes, ein eben ganz eigener Entwurf von Gitarrenpop – trotz aller Referenzen. Und genau deshalb auch so anschlussfähig und wundervoll. Wenn ihr euch die Platte anhört und meine Referenzen deplatziert und/oder scheiße findet: Kill me on Twitter. Die Auskenner:innen im UK-Indie-Pop würden mich wahrscheinlich ans Kreuz schlagen – jaja, aber nein: Was ist denn mit X und der Tradition von Y auf Label Z? Mit. Vollkommen. Egal. Denn das Schöne bei Freelove Fenner ist eben diese Anschlussfähigkeit an die unterschiedlichsten Traditionen und Geschichtsschreibungen der UK-Popmusik von damals. So schön!

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