Big Thief, Maxence Cyrin, Silicon ScallyWochenend-Walkman – 11. Februar 2022

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Jeden Freitag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit: Big Thief, Maxence Cyrin und Silicon Scally.

Big Thief Dragon New Warm Mountain I Believe In You Cover

Big Thief – Dragon New Warm Mountain I Believe in You

Ji-Hun: Big Thief sind mir über die letzten Jahre sehr ans Herz gewachsen. Wenn man im erwachsenen Alter noch so etwas wie eine neue wirkliche Lieblingsband gewinnt (oft sind es ja die Jugendbands, die bleiben), dann sind das bei mir Adrianne Lenker, Max Oleartchick, Buck Meek und James Krivchenia. Das wird mit ihrem neuen Doppel-Album „Dragon New Warm Mountain I Believe in You“ auch so bleiben. Aufgenommen wurden die Songs in vier Sessions mit vier Tontechnikern. Darunter Dom Monks, Sam Evian und Richard Hardy, der auch schon mit Carole King arbeitete. Im Zeitraum von fünf Monaten ging es nach Tucson, Upstate New York, Topanga Canyon und in die Rocky Mountains. Unterschiedlichste Settings und Naturen, von Mehrspur-Tape bis zum richtigen Studio. „Dragon New Warm Mountain I Believe in You“ ist auch Dokument einer langen Reise der Band, die diverse Komfortzonen schuf und aus 45 Liedern 20 für die finale LP kuratierten. Das hat wie immer natürlich große Qualität. Der Gesamtsound wurde noch eine Spur zeitloser und weniger Indie. Das brillante Songwriting von Adrianne Lenker wird kongenial von den Mitmusikern arrangiert und zu etwas Besonderem konzipiert. Und es ergeben sich mehr Perspektiven, andere Sichtachsen. Es gibt darin viel zu entdecken. Dieses Album wird mich eine ganze Weile begleiten.

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Silicon Scally – Field Lines

Thaddi: Carl Finlow ist einer meine „unsung heroes“. Seine „Electrilogy : Part 1“-EP und vor allem der Track „Definition“ hat mich jahrelang begleitet. Ach was, tut er bis heute. Ich kenne wenige Künstler:innen, die so sehr in einem Genre verfangen sind, wie Finlow im Electro, und sich dabei doch mit der jeder Bassdrum irgendwie neu erfinden. Vielleicht sind es seine typischen Basslines, vielleicht ist es auch die Liebe zu den Melodien, die seinen Sound so archetypisch anders machen. Finlow, das ist für mich die Zukunft. Und nichts bringt mich von dieser ästhetischen Vorlage weg. Eigentlich gibt es über die neuen Tracks dieses Albums auf CPU rein gar nichts zu berichten. Sprich: Alles wie immer. Und genau das ist das Tolle. Denn natürlich ist nichts wie es jemals. Das Dunkle, das Melancholische, das stoisch Pluckernde, das Überzeichnete – all das fügt sich vollkommen neuartig zusammen, immer und immer wieder. Als die Raumschiffe der Außerirdischen noch mit Diesel betrieben wurden und Roboter noch tanzen konnten, war die Welt in Ordnung.

Cyrin

Maxence Cyrin – Melancholy Island

Jan-Peter: Ich möchte lösen: Ich weiß, wo Melancholy Island liegt. Genau hier, zwischen Kanal und Spree. Okay, ist nur eine Halbinsel. Halbe Punktzahl? Jedenfalls ist Melancholie für mich das Thema der Stunde. Dieses Immergrau, Immernass, dieses Gefühl, dass sich nichts mehr verändert, und dann sitze ich abends da und schaue mir Reportagen im NDR von fernen Orten an, an denen ich schon war und es kaum mehr glauben kann, dass das wirklich so war. Pandemia. Maxence Cyrin liefert den Soundtrack dazu, am Klavier. Echt schön, ich hätte es in anderen Zeiten vielleicht gar nicht als so wahrgenommen. Das Album sei unter anderem von Michel Houellebecqs „Die Möglichkeit einer Insel“ beeinflusst, sagt der Waschzettel. Sollte ich mal wieder hervorkramen, nachdem ich sein Spätmeisterwerk soeben durchgebingt habe. Zurück zur Musik: Klavier, Moll, sanfte Anleihen von Ravepiano, damit bin ich immer zu kriegen. Zum Schluss gibt es zwei sehr schöne Coverversionen: Einmal "Der Räuber und der Prinz" von DAF und einmal "The Carnival Is Over" von Dead Can Dance, die an seine Pixies-Interpretation von "Where Is My Mind" anschließen. Wo ist mein Mind, gute Frage.

CinnamanUnser Mix der Woche

Frequenzfilter 12. Februar 2022 – andere Medien, andere ThemenKrankes Essen, Herbert Deutsch, Michel Houellebecq