Exklusiv: 15 Jahre „Project Mooncircle“Die große Dokumentation zum Label-Jubiläum
6.12.2016 • Sounds – Text: Thaddeus HerrmannSeit 2002 erscheint auf dem Berliner Label „Project Mooncircle“ Musik, die etwas bewegt. Spezielle Musik, anders und wichtig. Musik, die vielleicht nie das Licht der Welt gesehen hätte, nie auf die Reise in die weltweiten Plattenläden gegangen wäre, wenn Gründer Gordon Gieseking das Experiment nicht einfach gewagt hätte. Heute ist das Label ein Fels in der immer heftiger brausenden Brandung, ein Leuchtturm. Zum Geburtstag erscheint nicht nur die – heutzutage schon fast obligatorische – Box mit Vinyl, CDs, Downloads, T-Shirt und Stickern: Es gibt nun auch eine 45-minütige Dokumentation, die Label, Macher und Künstler vorstellt.
„Project Mooncircle“ begann, wenn ich mich recht erinnere, so, wie viele andere Labels auch ihre Arbeit aufnahmen: Zu viel gute Musik im Freundeskreis, um sie auf Festplatten und Kassetten versauern lassen zu können. Einer aus der Crew nimmt die Dinge schließlich in die Hand, entscheidet: Ja, das pressen wir. Wird schon passen. Dieser Mann war (und ist) Gordon Gieseking, der eben diese Entscheidung kurz nach der Jahrtausendwende fällte. Eine interessante Zeit, damals, in der vieles im Umbruch war. Es war die Zeit, als HipHop plötzlich sein Indie-Dasein entdeckte, mit Elektronika flirtete und vor allem aus den USA so ein vollkommen neuer Sound um die Welt schwappte, der viele, die bislang mit HipHop wenig oder gar nichts anfangen konnten, bekehrte und zu Fans machte. Labels wie „Beta Bodega“ oder “Botanica Del Jibaro“ sind hier zu nennen, Vinyl und CDs gingen in den Techno-Shops weg wie was auch immer. Es war die Zeit, in der das PowerBook mindestens so wichtig war oder wurde wie die MPC, in der Nischen nichts mehr bedeuteten und alle für kurze Zeit ihre Scheuklappen ablegten, die Ohren spitzten, zuhörten und einfach machten. Gieseking war einer von diesen Menschen. Ist es bis heute.
Seitdem rollt die „Maschine Mooncircle“. Über 150 Releases sind auf dem Label in den vergangenen 15 Jahren erschienen, immer mit großartigem Artwork, immer mit dem Versprechen, etwas Besonderes abzuliefern, etwas, was es so noch nicht gab oder gibt, etwas, das der musikalischen Landschaft ein Ausrufezeichen hinzufügen kann. Was mit HipHop begann, entwickelte sich schnell zu einer verlässlichen Anlaufstelle für alle, denen die Scheuklappen, das Verharren in der Genre-Bubble nie ausreichte uns nie ausreichen wird. Man fühlt sich mit dem Label auf eine merkwürdig intime Art freundschaftlich verbunden. Das gilt auch für die Künstler. Fragt man die, zum Beispiel Rain Dog, danach, wie es sich anfühlt, auf „Project Mooncircle“ zu veröffentlichen, ist Freundschaft, aber auch Respekt, eines der ersten Stichworte überhaupt. Gordon Gieseking und sein partner in crime Malte Tarnow scheinen alles richtig zu machen. Und das in einer Zeit, in der immer mehr Musik immer weniger gewertschätzt wird.
Wie das Miteinander zwischen Künstler und Label funktioniert, sieht man besonders gut in der Dokumentation. Musik, Euphorie, Freundschaft. Mit diesen drei Eigenschaften umrundet man doch gerne den Mond. Und nicht nur einmal. Herzlichen Glückwunsch und auf die nächsten 15 Jahre.