Podcast-Kritik: The RFK TapesWas geschah wirklich im The Ambassador Hotel in Los Angeles?

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Erst der US-Präsident, dann sein nach dem Amt strebender jüngerer Bruder: Fünf Jahre nach John F. wurde auch Robert Kennedy Opfer eines Attentats. Wieder war ein Täter schnell ausgemacht, wieder bleiben viele Umstände nebulös. Auf Basis von Audiomaterial der Verhöre entstand anlässlich des 50. Todestags RFKs am 6. Juni 1968 eine spannende Audioserie.

„Zwischen mir und dem Weißen Haus sind viele Kugeln“ ist ein Zitat, das Robert Francis Kennedy, kurz RFK, zugeschrieben wird. Der jüngere Bruder des 1963 ermordeten John F. Kennedy gab sich offenbar keiner Illusion hin: Würde er als nächster Präsident und als Familienmitglied den Nachforschungen zu den Todesursachen im Falle JFK Nachdruck verleihen, geriete er zwangsläufig selbst ins Fadenkreuz etwaiger hinter dem Attentat in Dallas Stehender.

1963 der vom Volk geschätzte Präsident, 1968 der Hoffnungsträger der Demokraten. Hier Schüsse aus dem Nichts, dort aus nächster Nähe. Hier der Kommunist Lee Harvey Oswald, welcher bekanntlich nicht mehr richtig verhört werden konnte, dort der palästinensische Einwanderer Sirhan Sirhan, welcher schnell die Tat gestand – es sei ein Dienst für sein Volk gewesen, weil sich Robert Kennedy auf die Seite Israels gestellt habe. Sirhan verbüßt bis zum heutigen Tag eine lebenslange Haftstrafe, in welche die einst verhängte Todesstrafe umgewandelt worden war.

Ein Einzeltäter also, file closed? Nein, denn wie im Falle JFK bleibt auch in diesem bis heute vieles unklar. Bei Ersterem waren es unter anderem die Flugbahnen der Kugeln, die an der offiziellen Tätertheorie zweifeln lassen, bei Letzterem ist es deren Anzahl. Acht passten in Sirhans Revolver, den er tatsächlich auch leer schoss. Doch Einschusslöcher gab es einige mehr. Also ein zweiter Attentäter? Woher kamen die anderen Schüsse? Wer gab sie ab?

Die zuständige Polizeibehörde – das LAPD – hielt die Ermittlungsakten lange unter Verschluss. Heute sind sie zugänglich und mit ihnen viele, viele Stunden aufgezeichneter Verhöre. Denn was man im Fall JFK versäumte, eine akribische Audio-Dokumentation, das wollte man im Fall RFK auf keinen Fall erneut tun. Darum gibt es jede Menge Footage, und basierend auf diesem haben die Macher des in den USA bekannten Podcasts „Crimetown“ eine neue Serie produziert: The RFK Tapes.

Und weil es so viel Footage gibt, Material von Interviews und Radioberichten, das eingesprenkelt wird, ist dieser Podcast nicht nur inhaltlich, sondern auch in seiner Form lebhaft. Originalmaterial zu hören, macht sein Thema, welches nun 50 Jahre zurückliegt, trotz logischerweise nicht immer bester Audioqualität des alten Materials sehr präsent. Und mitunter gespenstisch. Besonders dann, wenn die unter Hypnose vorgenommen Verhöre Sirhans zu hören sind. Weil der mutmaßliche Täter sich nach dem Attentat an nichts mehr erinnern konnte (er fühlt sich heute nicht schuldig, weil er nicht weiß, was geschehen ist), versuchte man auf unterbewusstem Wege, Genaueres aus ihm herauszubekommen. War der psychisch labile Sirhan etwa ein „Manchurian Candidate“, hypnoprogrammiert von wem auch immer darauf, den Präsidentschaftskandidaten zu liquidieren? Oder hatte er sich selbst dazu entschlossen und danach jegliche Memory verloren, wie man es von Verunfallten kennt? Der immer und immer wieder geschriebene Satz „RFK must die“ in seinem Notizbuch schließt weder das eine noch das andere aus.

Im Laufe des zehnteiligen Podcasts kommen viele mysteriöse Details zutage. Da ist eine texanische Frau, die 1990 am Todesbett gestand, ihr Mann sei in die Ermordung verwickelt. Da ist eine Mitarbeiterin im Wahlkampfteam Kennedys, die eine Frau in einem Polkadot-Kleid gesehen haben will, welche sich mit den Worten „We shot him, we shot him“ vom Tatort entfernt haben soll. Eine Komplizin? Eine Strippenzieherin, die die Marionette Sirhan überwacht, der nicht mehr Subjekt seines Handelns ist? Da ist der vor Kraftausdrücken nur so triefende investigative Journalist, der einen anwesenden Polizisten – und Demokratenhasser – für die weiteren Schüsse verantwortlich sieht. Und warum hat die Polizeibehörde von Los Angeles das Material überhaupt 20 Jahre nicht freigegeben?

Ein packendes Whodunit-Stück, doch bleibt nicht außen vor, welcher Mensch das Opfer dieses Attentats war, welche großen Pläne der Philanthrop RFK für die Vereinigten Staaten hatte. Unmittelbar vor seiner Ermordung hatte er die Vorwahl in Kalifornien gewonnen und sich, von seinen Zweifeln entledigt, fest entschlossen, Präsident zu werden. Er wollte die USA – die sich gerade erst von der Ermordung Martin Luther Kings zu erholen versuchten – wieder zu einem guten Land machen, es sollte ihm verwehrt bleiben.

The RFK Tapes gibt es überall, wo es Podcasts gibt, und hier.

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