Podcast-Kritik: Fake HeiressWie die Hochstaplerin Anna Sorokin die New Yorker High Society betrog
23.1.2020 • Kultur – Text: Susann MassuteDen Aufstieg und Fall der vermeintlich reichen deutschen Erbin, die wohlhabende Geschäftskontakte und luxuriöse Hotels um etwa 275.000 Dollar brachte, erzählt nun eine BBC-Doku-Fiction.
„Fake it till you make it“ – dieses Ratgeber-Mantra nahm sich Anna Delvey alias Sorokin besonders zu Herzen. Die junge Frau, die 1991 in Moskau geboren wurde und mit ihren Eltern 2007 nach Deutschland zog, verschleierte ihre normal-sterbliche Herkunft gezielt mit der nahezu wahnwitzig erlogenen Fassade als reiche, deutsche Erbin mit Treuhandfonds, mit gefälschten Dokumenten und vor allem mit einem enorm selbstbewussten Auftreten. Mit Selbstverständlichkeit wandelte sie durch die New Yorker High Society und erzählte von ihren Plänen, der Gründung einer „Anna Delvey Foundation“. Dabei schaffte sie es, Banken hinters Licht zu führen, Privatjets zu mieten, in luxuriösen Hotels zu übernachten und in teuren Restaurants zu dinieren – ohne je dafür zu zahlen. Da sie oft als jemandes wichtige Freundin oder Geschäftskontakt galt, kam sie erstaunlich lang und häufig mit ihrer Masche durch. Doch schließlich wurde sie im letzten Jahr in New York zu einer Haftstrafe von mindestens vier Jahren verurteilt.
Eine faszinierende Trickbetrügerei, die in diesem Feature vom Anfang, dem Aufwachsen in Russland bis zur Verurteilung in New York erzählt wird. Die BBC schildert ihre Geschichte anhand von Augenzeug*innen und Betroffenen, aber auch mit nacherzählten (und erfundenen) Dialogen. Letzteres ist zunächst etwas irritierend, wenn man zum ersten Mal die trotzige Stimme der Schauspielerin hört, die Anna Sorokin mimt. Solch erfundene Sager tragen zu ihrer Mythenbildung bei: von manchen wird sie zu einer Art Robin Hood stilisiert oder auch als eine gerissene Figur gesehen, die dem Zirkus der geschlossenen Kreise einen Spiegel vorhält. Eine, die weiß, wie man soziale Medien zur Wahrung eines glitzernden Scheins benutzt. Das zieht sich bis heute weiter. Es gibt Instagram-Fan-Accounts (wie diesen, der ihre Outfits bei Gericht versammelt), und Netflix soll die Rechte an ihrer Geschichte auch schon gekauft haben.