Ob Mailand oder Madrid, Hauptsache schnell.
Im Jahr 1914 veröffentlichte der englische Kartograph John G. Bartholomew „An Atlas of Economic Geography“, der sich an Schüler richtete und alles parat hielt, was ein angehender Unternehmer, Händler, Imperialist oder Reisende zu der Zeit an relevanten Karten benötigte. Teil der Sammlung ist diese isochronische Karte, die anzeigt, welche Reisezeiten vom Startpunkt London benötigt wurden, wenn andere Länder oder gar Kontinente besucht werden wollten. Sie skizziert dabei den damaligen technologischen Status Quo ziemlich gut. Zwar gab es erste gut entwickelte Eisenbahnnetze in den USA und Europa und auch bahnbrechende Verbindungen wie die Transsibirische Eisenbahn, die wenige Jahre zuvor in Betrieb genommen wurde und die Kontinente Europa und Asien miteinander verband. Aber es gab zum Beispiel weder ein ausgebautes Straßennetz für Autos, geschweige denn Personenflugverkehr. Die Sikorsky Ilja Muromez gilt zwar als das erste Passagierflugzeug der Welt und absolvierte erste Flüge im Jahr 1914, vom Mainstream war das Fliegen aber noch mehr als weit entfernt. Schiffe, Pferde und der gute Fußmarsch gehörten Anfang des 20. Jahrhunderts sonst noch zu den oft genutzten Fortbewegungsmitteln.
So wird deutlich, was es vor rund 100 Jahren noch bedeutete, auf Reisen zu gehen. Strecken, die heute innerhalb von Stunden absolviert werden können, nahmen selbst in der Ära des Futurismus' mehrere Tage in Anspruch. Das rote Feld zeigt demnach alle Destinationen an, die innerhalb von fünf Tagen erreicht werden konnten. Rosa bedeutet eine Reisedauer von fünf bis zehn Tagen, Gelb heißt zehn bis 20 Tage und wer in die grüne Zone wollte, musste 20 bis 30 Tage Anfahrts- und Abreisezeit kalkulieren. Besonders schwer zu erreichen und miserabel angeschlossen waren Zentralasien so wie die Binnenregionen in Südamerika, Afrika und Australien. Hier brauchte man mindestens 40 Tage, um von der englischen Hauptstadt ans Ziel zu gelangen. Heute wären London-Brasilia innerhalb von 14 Stunden via Flugzeug zu schaffen. Meilen sammeln war ergo noch eine ziemliche Knochenarbeit.