Das Filter Sommer-Special 2022Schöne Dinge für mit Sonnenbrille

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The summer is magic, oh oh oh. Trotz allem. Gerade deswegen. Wir wollen ihn genießen, und begeben uns in eine Pause bis September, hie und da unterbrochen von allem, worüber es uns wichtig zu berichten erscheint. Ist doch klar. Danach melden wir mit etwas neuen und veränderten Formaten und Ideen zurück. Seid gespannt, das sind wir nämlich auch. Jetzt seien wir aber erstmal entspannt, für eure Sommerzeit haben wir euch ein paar Lese-, Seh-, Hör- und Besuchstipps zusammengestellt. Lasst es euch gut gehen! Eure Filters

Garten-Breaker

Orte: Gozo

Die Küste von Sannat auf Gozo

Die Küste zwischen Xlendi und Sannat auf Gozo. Foto: Thaddeus Herrmann

Am Freitag schickte sie einen Link zum Wikipedia-Artikel rüber, am Sonntag hatten wir eine Reise dorthin gebucht: Gozo, eine Insel-vor-der-Insel, kurz vor Malta gelegen. Auch nie zuvor davon gehört? Auch okay. Ich sag's, wie’s dort war, sollten uns weder Pandemie noch Personalkraftmangel am Flughafen einen Strich durch die Rechnung machen. Die Bilder immerhin sehen ganz fantastisch aus: klares Wasser, weiße Strände. Aus kaum mehr besteht das Eiland. Perfekt fürs Nichtstun also. Denn das ist der ungefähre Plan. Bitte ruft nicht an.

Dan Ozzi – Sellout

Buch: Dan Ozzi – Sellout. The Major-Label Feeding Frenzy That Swept Punk, Emo, and Hardcore (1994–2007)

Kürzlich gekauft und ganz oben auf dem Stapel ungelesener Bücher platziert: Der Musikjournalist Dan Ozzi erzählt die Geschichte davon, wie im Post-Nirvana-Goldrush die Major Labels wahllos ein paar Gitarrenbands weggesignt haben. Für mich ist das nicht nur interessant, weil ich mit einigen der Bands – Green Day, Jawbreaker, At The Drive-In, Against Me! – aufgewachsen bin. Sondern auch, weil ich mir davon zumindest eine implizite Geschichtsschreibung des parallel zu alledem ablaufenden Medienwandels und dessen ökonomischen Auswirkungen verspreche. Ob ich's bekomme? Weiß ich dann im Herbst.

Musik: Ellen Arkbro & Johan Graden – I Get Along Without You Very Well

Durfte ich schon hören, werde ich bis zum Herbstanbruch (erscheint passenderweise zwei Tage nach dessen Anfang) noch zig mal rauf und runter laufen lassen: Ellen Arkbro, sonst bekannt für Langformkompositionen für Orgel und so weiter, in denen herzlich wenig passiert, hat sich das Mikro geschnappt und ein paar Torch Songs eingesungen. Ihr gemeinsames Album mit Jazzpianist Johan Graden kocht Pop auf seine Grundzutaten (nachvollziehbare Songstrukturen, irgendwas mit Liebe) herunter und erfüllt mich bis zum Platzen vor Ehrfurcht: Das ist tatsächlich extrem besondere Musik. Bitte preordern oder -saven, oder ganz oldschool den 23. September im Kalender markieren.

Festival: AVANT 2022

Ludovico Esposito ist ein guter Mensch und obendrein ein unermüdlicher Kämpfer für alternative Musikkultur in Lecce beziehungsweise Apulien insgesamt. Dieses Jahr nicht zur nächsten Ausgabe seines Festivals AVANT zu können, schmerzt dann gleich doppelt. Aber vielleicht lesen Kurzentschlossene mit, buchen schnell einen Flug und berichten mir dann später, wie's mit Frank Bretschneider, Julia Reidy, Gajek, Gischt sowie reihenweise lokalem Talent und Wandertouren durch eine der schönste Regionen der Welt überhaupt so war. Und falls ja: Sollte außerdem noch so ein Gläschen eingelegte Cima di Rapa ins Gepäck passen – ich zahle einen guten Preis dafür, versteht sich. Tickets / Facebook / Insta

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Social: Freund:innen

Im August erwarte ich internationalen Besuch. Da ob eines Jobs an Wegfahren nicht zu denken ist, kommt die Ferne also praktischerweise zu mir. Aus England höre ich, dass sich dort schon vor Wochen um neue Reisepässe (jetzt in blau) bemüht wurde, die Flüge sind gebucht. Das gilt auch für meinen früheren Nachbarn, der mit Kind und Kegel aus Tokio anreist. Und schließlich überquert ein Buddy aus Chicago den Atlantik gen alter Welt. Alle habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen, nicht nur wegen Covid. Wird schön. Bestimmt. Und hält mich vom Arbeiten ab. Gern genommen. Safe travels.

Buch: Jon McGregor – Lean Fall Stand

Wenn es um Bücher geht, bin ich ein ziemlicher Snob geworden. Musik? Stream away. Aber E-Books und – noch schlimmer – Paperbacks sind mir ein Graus. Das ist mitunter kontraproduktiv, denn ich lese gerne Anglo-Amerikanisches im Original, und in UK ist die Hardcover-Kultur am Ende. So wartete ich viele Monate, bis der aktuelle Roman von Jon McGregor dann doch in den USA veröffentlicht wurde und ich die gebundene Ausgabe ergattern konnte. Schlimm ist das nicht. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren wie man so schön sagt „aus Gründen“ ohnehin so gut wie nichts gelesen. Die Geschichte des Arktis-Reisenden Robert Wright, um die es in „Lean Fall Stand“ geht, könnte den August ja sogar etwas kühler machen. Und als großer Fan von McGregor, der mich vor vielen Jahren mit „If Nobody Speaks Of Remarkable Things“ nachhaltig auf den literarischen Pott gesetzt hat, fühle ich mich gewappnet, endlich wieder mehr zu lesen.

Jon McGregor Lean Fall Stand
Dan Charnas – Dilla Time

Buch: Dan Charnas – Dilla Time

Ich weiß faktisch wenig bis gar nichts über HipHop. Natürlich habe ich ein paar Lieblings-Künstler:innen und bilde mir ein, in bestimmten Sub-Sub-Sub-Genres sogar eine Art historisches Storytelling bewerkstelligen zu können. In the great scheme of things, wie wir ja gerne sagen, bin ich aber komplett aufgeschmissen. J Dilla ist eine der zahlreichen Leerstellen. Seine Musik finde ich toll. seine Vita interessant. Die Detroit-Connection hilft mir dabei natürlich Dan Charnas hat ein Buch über den verstorbenen Produzenten geschrieben. Es liegt schon seit vielen Wochen auf meinem Nachttisch. Sein Ansatz scheint mir phänomenal, bzw. genau richtig. Geschichte des Genres, Geschichte der Beats, Geschichte der Stadt und sein ganz eigener Entwurf, all diese Dinge voranzubringen und weiterzuentwickeln. In einer Mischung aus Kultur- und Musikgeschichte lotet der Autor die Errungenschaften des Musikers aus. Erklärt, kontextualisiert und denkt weiter. Nach nur wenigen Seiten bin ich bereits Fan von Charnas’ Stil. Was Alex Ross für die Klassik in nur wenigen Büchern bewerkstelligt hat, scheint der US-amerikanische Autor für J Dilla zu erreichen. Er ist sich nicht zu schade dafür, die komplexen Beats des Produzenten in klaren Diagrammen wiederzugeben, statt immer nur deskriptiv zu schreiben. Das mag ich. Es erleichtert mir eine Näherung. Auf Basis derer ich mich dann im Herbst durch den Katalog des Ausnahmekünstlers wühlen könnte. Und mich voller Wissen einzulassen auf die radikal neu gedachte Beat-Science.

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Musik: Wilma Vritra – Grotto

Das Duo Wilma Vritra hatte mich schon mit seinem letzten Album „Burd“ – direkt mit dem Eingangssong „Harness“. „Grotto“ ist langsamer und etwas schwermütiger und passt daher auch gut in den behäbigen Hitzesommer. Die Sounds klingen wirklich ein wenig nach der kühlen blauen Höhle, die das Cover ziert; übrigens ein herzerwärmendes Artwork. Und auch wieder ist es der Eingangssong, der einen direkt in die wunderschöne Stimmung des Albums versetzt.

Kunst: documenta – Ausstellungsort St. Kunigundis, Kassel

Leicht überfordert und verwirrt nach vielen Eindrücken kam ich zu diesem letzten Ausstellungsort und wünschte mir direkt nach wenigen Sekunden, mehr Zeit dort verbracht zu haben. Die Werke in der Kirche setzen sich mit Religion und Kolonialismus auseinander, kritisch und grenzüberschreitend. Die Arbeiten stehen zum Teil in einem krassen Kontrast, andere wiederum mehr als sinnigen Zusammenspiel mit der Architektur des Raumes. Ich ging mit einem bedrückten aber auch überwältigten Gefühl zum Kircheingang hinaus und wünschte mir, dass zukünftig mehr solcher Auseinandersetzungen geschehen.

Orte: Friche la Belle de Mai, Marseille

Ein durchweg guter Ort. Vom Buchladen, in dem man immer Schätze findet, über den Hof mit dem Basketballcourt, die Ausstellungen bis zur Dachterrasse. Als ehemalige Zigarettenfabrik gibt es sehr viel Raum – 45.000 Quadratmeter –, und man bekommt das Gefühl, dass dieser von allen genutzt werden kann. Der Ort selbst macht schon so viel Spaß, und wird noch mehr belebt durch die Ausstellungen, vorwiegend von Künstler:innen aus Marseille. Die Terrasse wird geziert von dem poetischen 60 Meter langen Mural „Lettre à Marseille“ und bietet einen der schönsten Ausblicke auf die Stadt. Es lohnt sich sehr, sich das Programm anzuschauen, denn neben den Ausstellungen gibt es auch sehr coole Events. Für mich einer der besten Orte in der Stadt.

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Film: Tampopo

Kürzlich entdeckten wir den Film „Tampopo“ bei einem Streaming-Anbieter. Und auch wenn ich ihn bestimmt ein halbes dutzend Mal gesehen habe, machte es mir nichts, ihn mit Susann noch mal anzugucken. Obwohl die Last der nicht gesehenen Watchlist-Inhalte einen ohnehin täglich erdrückt. Susann kannte „Tampopo“ nicht, erntete einen mitleidig vorwurfsvollen Blick, und auch nach dem nochmaligen Gucken, stelle ich fest, es ist noch immer einer meiner Lieblingsfilme. Er ist leicht, komisch, ernst und auf vielen Ebenen besonders. Nicht nur weil es um das Lieblingsthema Essen geht in einer Vielfalt von Perspektiven, wie es wohl kein anderer Film geschafft hat. Essen ist Liebe, Leben, Berufung, Fetisch, Luxus, soziokulturelle Distinktion und Ursprung unserer Existenz. Jûzô Itamis Komödie von 1985 ist wundersam gealtert. Der Ramen-Hype der letzten Jahre macht ihn nicht weniger aktuell. Und welches meine Lieblingsszene ist, fällt mir auch nicht einfacher. Die Omurais-Szene, das französische Restaurant, der Spaghetti-Knigge oder die zahlreichen Heist-, Western- und Samurai-Filmreferenzen. Ich alter mit dem Film mit und sehe ihn offenbar auch jedes Mal anders. Auch, dass ich jetzt erst gesehen habe, dass Gorô und Tampopo zusammen Bulgogi essen gehen, wie geht das?

Hörspiel Ferrante Sommer Special 22

Hörspiel: Elena Ferrante – Die Neapolitanische Saga

Der Bayrische Rundfunk hat 2020 das Epos der anonymen Autorin Elena Ferrante erstmalig in deutscher Sprache als Hörspiel inszeniert. Die Tetralogie über die beiden Freundinnen Elena Greco und Raffaela Cerullo, die in Neapel Mitte des letzten Jahrhunderts gemeinsam aufwachsen, galt als literarische Sensation, ist für die Sommerpause aber natürlich ziemlich viel Holz. Die Produktion des BR2 ist aufwändig gestaltet und bietet mit rund 17 Stunden Spiellänge viel Raum für die Charakterentwicklungen, zahlreichen Schauplätze und zwischenmenschlichen Beziehungen. Eine würdige Adaption eines Weltbestsellers.

ARD Audiothek: Die Neapolitanische Saga - Hörspiel nach Elena Ferrantes Bestseller
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Sam Prekop & John McEntire – Sons Of Albumcover

Album: Sam Prekop & John McEntire – Sons Of

Wenn die beiden Chicagoer Musiklegenden Sam Prekop (The Sea And Cake) und John McEntire (Tortoise) gemeinsam ein Album machen, dann erhofft man sich vieles, aber nicht unbedingt ein krautiges House-Album. Wobei Sam Prekops letzte Solo-Alben auch schon sehr elektronisch waren und ich mir immer eigentlich seine perfekten Songs gewünscht hatte. Dass das Ganze dennoch großartig und ausufernd transzendent ist, beweisen die vier Tracks, die im Falle von „A Yellow Robe“ einfach mal 24 Minuten Spielzeit haben. Herrlich abundant in Zeiten von Streams und immer kürzer werdenden Songs. Das haben die Großmeister aber natürlich nicht nötig, sich solchen Paradigmen zu unterwerfen und zeigen, dass sie auch im Sektor repetitive Elektronik, ganz oben schwimmen. Als wäre es die einfachste Nebensache der Welt. Für den sommerlichen Roadtrip ist das minimale Album genauso perfekt geeignet wie für den distinguierten Sonnenuntergang. Aber nicht, dass die Elektronik-Festivalwelt davon Wind bekommt und die anderen Bands völlig in Vergessenheit geraten. Da warte ich nämlich auch schon seit paar Jahren auf neue Alben.

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Ausstellung: Bild und Raum – Candida Höfer im Dialog mit der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek

Die 1944 geborene Fotografin und Becher-Schülerin Candida Höfer besticht seit Jahrzehnten durch ihre sehr eigene Architekturfotografie. Wobei ihre Großformat-Porträts von öffentlichen Räumen auch nicht allein als solche klassifiziert werden können. In ihren Bildern wohnt eine merkwürdige Leere. Auf den Arbeitsplätzen in den Bibliotheken liegen noch Blätter, die Stühle sind ein wenig abgerückt, ein Buch steht schief. Als wären die Menschen dort wie vom Erdboden verschluckt. Und doch wirkt das große Ganze, die Linienführung der Architektur und die bestimmte Farbigkeit aus künstlichen und natürlichen Licht, so gerade und durchkomponiert als schaute man in ein Modell. In der Ausstellung „Bild und Raum” werden zudem Pendants aus der Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek Höfers Arbeiten gegenübergestellt.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 28.08.2022 im Museum für Fotografie, Berlin.

Elif Batuman – Either/Or

Buch: Elif Batuman – Either/Or

Schon den Vorgänger „The Idiot” habe ich verschlungen, der lang ersehnte Nachfolger „Either/Or” ist nun meine Sommerlektüre. Erzählt wird aus der Perspektive von Selin, Tochter türkischer Einwanderer in Amerika und ihre Zeit in Harvard in den 90er-Jahren. Ihr Studium veranlasst sie, die Entscheidungen, die sie getroffen hat, in Frage zu stellen. Aber auch die Richtung ihres Lebens, die Bedeutung von Liebe und Beziehungen, die Grenzen der Sprache, und natürlich ihre Beziehung zu Ivan, dem ungarischen Studenten, mit dem sie im Vorgängerband eine schwer zu durchschauende E-Mail-Brieffreundschaft pflegte. Selin studiert unter anderem Literatur und Russisch. Und es ist herrlich, wie Batumans Hauptfigur Klassiker der Literaturgeschichte auseinandernimmt. Denn inwiefern Søren Kierkegaards „Either/Or” einer Studentin 150 Jahre später zu einem „ästhetischen Leben” verhelfen und bei den Herausforderungen des Erwachsenwerdens hilfreich sein kann, ist fraglich. Batumans Sprache ist witzig, lakonisch und schonungslos – und auch wenn vermeintlich nicht viel zu passieren scheint, kann man ihre Bücher kaum aus der Hand legen.

Film: Finding Vivian Maier

Über den Film Finding Vivian Maier schrieb Kollege Tim Schenkl hier schon vor einigen Jahren eine sehr erhellende Kritik – und trotz seiner berechtigten Anmerkung, dass der Fotografin mit dem Porträt nur bedingt ein Gefallen getan wird, ist der Film dennoch sehenswert. Allein schon wegen dieser zahlreichen tollen Aufnahmen, die man von Vivian Maier zu sehen bekommt. Bis Jahresende ist der Film noch auf arte zu sehen.

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Didier Eribon – Rückkehr nach Reims

Buch: Didier Eribon – Rückkehr nach Reims

Wenigstens im Urlaub sollte man das Smartphone von Zeit zu Zeit einmal zur Seite legen und sich in ein Buch vertiefen. Auch ich nehme mir das in jedem Jahr wieder vor und füge meinem Reisegepäck pflichtbewusst einige Romane und Sachbücher hinzu. Zu einer Art Running Gag ist die Mitnahme von Didier Eribons Buch „Rückkehr nach Reims“ geworden, in dem dieser den Aufstieg des Front National beschreibt. „Rückkehr nach Reims“ habe ich bestimmt schon vier bis fünf mal ein- und ungelesen wieder ausgepackt. Zumindest ist das Werk seit seiner Veröffentlichung nicht weniger aktuell geworden. Sollte ich es in diesem Jahr wieder nicht schaffen, es mir vorzunehmen, habe ich vorgesorgt und meinen Koffer zusätzlich mit Sebastian Ingenhoffs Kurzprosa-Sammlung „A Boy Named Inge“ bestückt. 62 Seiten. Das sollte auf jeden Fall machbar sein.

Serie: Tokyo Vice

Die 80er-Jahre waren das Jahrzehnt von Michael Mann. Neben legendären Filmarbeiten wie Thief sorgte der US-Amerikaner auch als Produzent und Regisseur von Miami Vice für Furore. 33 Jahre nach der letzten Folge der TV-Kultserie im Jahre 1989 geht er nun mit einem neuen Serienprojekt an den Start: Tokyo Vice. Crockett und Tubbs heißen jetzt Adelstein und Katagir und werden von Baby Driver Ansel Elgort und Ken Watanabe gespielt. Noch vor meinem Urlaub habe ich mir die erste Folge, bei der der Meister selbst Regie führt, angesehen. Die japanische Hauptstadt erscheint in dieser wie ein riesiger angepiekster Ameisenhaufen, und eine sensationelle Handkamera-Sequenz folgt auf die nächste. Ich bin gespannt, ob es ähnlich atemlos weitergeht.

Ausstellung: Alec Soth

Summer in the City. Wer seinen Sommer in Berlin verbringt, dem möchte ich einen Ausflug in die Reinbeckhallen in Oberschöneweide ans Herz legen. Bis zum 4. September ist dort die Ausstellung Alec Soth – A Pound of Pictures zu sehen. Der Magnum-Fotograf setzte sich für diese mit seinem eigenen Werkprozess sowie Fotografien, die er auf Flohmärkten fand, auseinander. Im Anschluss kann man sich dann an die ganz in der Nähe gelegene Spree setzen und bei einem kalten Getränk die Füße im Wasser baumeln lassen.

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Podcast: Die Flut – Warum musste Johanna sterben?

Zum ersten Jahrestag der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal erschien dieser Sechsteiler-Podcast, der die Tragödie an einem individuellen Schicksal nachzeichnet, einer jungen Frau, die in den Fluten ums Leben kam. Der Host des Podcasts, ein Rundfunk-Journalist, kennt ihre Eltern von früheren Reportagen. Es geht um die Person Johannas, wie sie war und was ihre Pläne waren, und manchmal wird es für meinen Geschmack zu persönlich, doch andererseits ändert es auch den Blick auf das, was da geschehen ist (und was aus meinem Gedächtnis fast schon wieder verschwunden war): Wasser kann töten. Klima kann töten. Menschen können ungemein solidarisch sein, und Menschen können versagen. „Die Flut“ macht dies sehr deutlich, aus verschiedenen Perspektiven. Am beeindruckendsten sind die Eltern Johannas. Sie tragen diesen Podcast, weil sie es wollen, weil sie das Gedächtnis an ihre Tochter erhalten und eine erneute Katastrophe verhindern helfen wollen.

Buch: Die dunkle Seite der Christdemokratie

Leichte Sommerlektüre, die man im Freibad und am Badesee mit einem Capri zur Hand so weglesen kann. Kein Witz. Klar, das Thema ist nicht so sonnig, aber sehr interessant: Warum ist die CDU so, wie sie ist? Warum gibt es Phänomene wie den Orban’schen Illiberalismus? Wo kommt das alles her? Fabio Wolkenstein zeigt auf, wie sich aus dem Katholizismus politische Strömungen verschiedener Art entwickelten, von Befürwortern alter monarchischer Formen bis hin zu demokratischen Ansätzen. Dass die Christdemokratie, anders als die Sozialdemokratie, dabei nie wirklich programmatisch war (was einem so manches erklärt) und sich oft einfach nur als „anti-materialistisch“, um nicht zu sagen anti-kommunistisch, positioniert hat. Eine Weltanschauung ohne Ideologie? Zwar manchmal etwas trocken zu lesen, das Ganze, aber dann gibt es ja Capri.

Die dunkle Seite der Christdemokratie

Musik: Miles Out To Sea – The Roots of British Power Pop 1969-1975

Eine klasse Compilation, die uns mitnimmt in die Zeit, als die Beatles schon (fast, ja, war 1970, alles gut) wieder Geschichte waren. Ihren Stempel haben sie der britischen Popmusik seinerzeit sehr hart aufgedrückt, und doch ist da noch so viel mehr. Dem geht diese schöne Sammlung auf den Grund. Mag sein, dass Kenner:innen der Musik dieser Ära mit den Schultern zucken, die Jungs in High Fidelity nur kurz seufzen würden. Ich für meinen Teil kannte zuvor eigentlich nur Barcley James Harvest und jetzt umso mehr. Und hätte große Lust, den Sommer in Blackpool zu verbringen, mit einem half pint und einer Tüte in Malzessig ertränkter Fritten.

Red Rack’emUnser Mix der Woche

Pageturner – Literatur im August 2022Ben Tarnoff, Amrei Bahr & Kristin Eichhorn & Sebastian Kubon und: Yasmine M'Barek