SoundCloud und die ZukunftDas kostenpflichtige Abo rückt immer näher

SoundCloud-Logo

Eigentlich ist es eine gute Nachricht: SoundCloud und Universal Music haben sich auf ein Lizenzmodell geeinigt. Das heißt: Endlich kann man seinen mit viel Liebe angefertigten U2-Remix auf die Plattform hochladen. Es bedeutet aber auch das Ende einer Ära.

SoundCloud und das liebe Geld? Eine fast schon unendliche Geschichte. Als die Plattform 2007 online ging, hatten die Gründer Alexander Ljung und Eric Wahlforss eine gute und zumindest auf dem Papier relativ klar definierte Idee: Musikern die Möglichkeit zu geben, schnell und unkompliziert Tracks auszutauschen. Und wenn keine fertigen Songs, dann zumindest Fragmente, Ideen. Es war die Zeit, in der das kollaborative Arbeiten im Netz noch deutlich Luft nach oben hatte.

Wir wissen alle, wie die Geschichte weiterging. SoundCloud wandelte sich zu der vielleicht wichtigsten Anlaufstelle für DJ-Mixe, Remixe, Mashups und Track-Premieren. Für Musiker, Labels, Promo-Agenturen und Clubs bietet SoundCloud dank des gefälligen Interfaces und der tiefen Verzahnung mit den sozialen Netzwerken genau die Möglichkeiten, die es heutzutage braucht, um Musik „zu streuen“: entweder öffentlich oder privat, Download-Möglichkeit inklusive. Ob das im Sinne der Gründer war und ist, darf bezweifelt werden. Aber wie es in der Start-up-Kultur üblich ist, nahm SoundCloud die wachsende Reichweite gerne mit. Mit den Konsequenzen würde man sich später auseinandersetzen, noch reichte das Venture Capital.

Seit ein paar Jahren nun versucht man das nachzuholen, was offensichtlich viel zu lange vernachlässigt wurde: die Plattform auf legale Füße zu stellen und so ihren Fortbestand zu sichern. Denn wenn online Musik zur Verfügung gestellt wird – zum Stream oder zum Download – dann ruft das die Urheber und Rechteverwerter auf den Plan. Es ist ein Kampf um Mikrocent-Beträge, der von Spotify, Deezer, Apple, YouTube und Co. geführt wird. Zu welchen Auswüchsen das führen kann, sieht man tagtäglich, wenn man über eine deutsche IP-Adresse auf ein Musikvideo bei YouTube zugreifen möchte, oder auch, wenn man in der Presse die Berichterstattung über Spotify verfolgt, über falsch berechnete und falsch verteilte Tantieme. Digitale Pfründe sind kleinteilig, entsprechend unübersichtlich und die Rechteinhaber auch 2016 nach wie vor über alle Maßen gereizt.

##Urheberrechtsverletzung!
SoundCloud blieb lange Zeit außen vor. Wie das Unternehmen nachhaltig Geld verdienen wollte, war ein Mysterium. Der vergleichsweise bescheidene Obolus, den man entrichten musste, um ohne Begrenzung die Plattform mit Musik zu bespielen, würde nicht ausreichen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Für uns User blieb die Plattform kostenlos und werbefrei. Und gleichzeitig analysierten immer perfider arbeitende Algorithmen die Uploads, löschten bestehende Inhalte und verhinderten das Hinzufügen neuer Musik: Urheberrechtsverletzung! Oder besser (frei nach YouTube): Es lag keine Übereinkunft zwischen SoundCloud und dem Rechteinhaber vor. Die orangene Wolke wurde im Zuge dessen unattraktiv für viele, die die Plattform zu ihrem Hauptausspielweg erkoren hatten.

Dass SoundCloud mit Hochdruck – getrieben von den Folgen der über Jahre geförderten Freizügigkeit – daran arbeitet, sich mit den großen Labels und Verlagen auf ein Lizenz- und Vergütungsmodell zu einigen, ist keine neue Nachricht: Seit 2014 wird daran gearbeitet, im vergangenen Sommer verkündete man nicht ohne Stolz, mit Warner Music den ersten Major an Bord zu haben. Kurz danach unterschrieb man einen ähnlichen Vertrag mit Merlin, dem europäischen Interessenverband der Indie-Labels, mittlerweile ein mindestens ebenso wichtiger und in der Argumentation scharfkralliger Player in der Musikindustrie, immer gut für eine „Regierungserklärung“ im Namen der Mitglieder. Nun ist auch Universal Music mit im Boot. Ohne Zweifel der wichtigste Partner, mit schier endlosem Portfolio, gerade und vor allem auch, was aktuellen HipHop angeht. Und einem fragwürdigen Gespür für Mixe, Mixtapes und Artverwandtes. In den USA verklagt Universal gerade mehrere Unternehmen, die Care-Pakete für Gefängnis-Insassen zusammenstellen und verschicken. Der Vorwurf: In den Paketen befänden sich Mix-CDs mit Musik, die hätte lizenziert werden müssen. Bootlegs im Knast? Eigentlich ganz geil.

Kanye West stellt als Universal-Künstler immer wieder neue Tracks auf SoundCloud

##Interessantes Kleingedrucktes
Es geht also voran mit SoundCloud und der Zukunft. Das bedeutet aber auch, dass wir unsere Idee des Services grundlegend ändern müssen. SoundCloud darf fortan den Katalog nutzen, den Universal als Musikverlag kontrolliert. Die Schnittmenge mit der Musik, die auch auf Universal als Tonträger veröffentlicht wird, ist groß, aber nicht deckungsgleich. Wichtiger jedoch sind andere Übereinkünfte, auf die man sich geeinigt hat. Abgesehen von der Vermutung, dass Universal einen hübschen Vorschuss bekommen hat und Mitspracherecht, was zukünftige Geschäftsentscheidungen angeht, ist im Vertrag festgeschrieben, dass sich SoundCloud mit Hochdruck darum kümmert, ein Abo-Modell einzuführen. Auch darüber wird schon eine Weile gemutmaßt und wurde in der jüngeren Vergangenheit vor allem von US-amerikanischen Rechteinhabern vehement gefordert. Passiert ist bislang nichts, doch mit der nun vorliegenden Vereinbarung dürfte klar sein, dass User noch 2016 zur Kasse gebeten werden, um SoundCloud weiterhin umfänglich nutzen zu können. Ob das die handelsüblichen zehn Euro pro Monat sein werden, ob man auch ein werbefinanziertes Angebot machen wird, oder ob es schlussendlich eine Mischung aus beiden Ansätzen sein wird? Nichts Genaues weiß man nicht. Noch nicht.

Doch damit stellt sich vor allem die Frage nach der Relevanz. DJ-Kultur hin oder her: Ist SoundCloud wirklich attraktiv genug, um sich als „klassischer“ Streaming-Anbieter gegen Google, Apple und Spotify aufzustellen? Ist dieser Markt nicht längst abgegrast? Denn genau das scheint die Stoßrichtung zu sein, in der an der Neuausrichtung von SoundCloud gearbeitet wird. Es geht um die neuen Tracks von Superstar X, Y und Z. Nicht mehr um den Deephouse-Mix aus der Panorama Bar. Aus Business-Sicht macht das natürlich Sinn, aber reicht die Möglichkeit, den neuen Kanye-West-Track netzweit dank SoundCloud auf jede Webseite, die sich auf iFrames versteht, packen zu können aus, um der Berliner Firma das „Fit für die Zukunft“-Zeugnis ausstellen zu können? Kayne freut sich bestimmt. Und was ist mit unseren fünf Euro monatlich?

SoundCloud arrangiert sich mit den großen Playern einer Branche, mit der man ursprünglich gar nichts zu tun haben wollte. Ausgang: ungewiss. Für alle Beteiligten. Einer von denen ist Sony. Mit diesem Major konnte man sich bislang noch nicht einig werden. Es wird nicht lange dauern, bis auch diese Unterschrift vorliegt. Wie es dann wohl weitergeht mit SoundCloud?

mit Material von Digitalmusicnews.com

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