Die ganze Woche über filtert unsere Redaktion Themen, Trends und Phänomene. Immer sonntags stellen wir hier in der Leseliste Artikel zusammen, die uns positiv aufgefallen sind. Twitter aus, Leselampe an!
##20 Jahre Rinse FM
Vom Piratenradio zum stilprägenden und weltweit gehörten Londoner Community Radio. Rinse FM feiert in diesem Jahr zwei Dekaden Sendebetrieb. Gegründet von zwei damals 16-jährigen Kids, ging es musikalisch zunächst vor allem um Jungle. Keine Überraschung in London, doch dieses Genre wurde im illegalen Äther bereits gut bedient. Garage, Dubstep und schließlich Grime waren die Lösung. Nach langem Hin und her wurde 2007 eine UKW-Lizenz beantragt, seit 2010 wird „offiziell“ gesendet. Rinse FM ist eine Instanz, mit der Geld verdient wird, ein nötiges Übel in einer immer unübersichtlicher werdenden Radiolandschaft, die schnell Trends bedienen und sich gleichzeitig gegen Platzhirsche wie die BBC behaupten muss. Das Portrait im Guardian stellt zum runden Geburtstag die genau richtige Frage: Wie kann man in so einem kompetetiven Geschäft 20 Jahre später noch Visionen haben?
„We didn’t have loads of opportunities. We created our own. That’s what pirate radio is, really.“
##Ungelöst
Es ist vielleicht das letzte Medienereignis der alten Bundesrepublik, bevor sie sich im Wiedervereinigungsnebel auflöste: Am 30. November 1989 wurde der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, durch ein Attentat der RAF in seinem Wohnort Bad Homburg v.d. Höhe getötet. So bis heute die offizielle Version. Vieles bleibt im Argen: Der Kronzeuge widerrief, war vom LKA zur Aussage „befördert" worden, die RAF will mit dem Anschlag nichts zu tun haben. War es das letzte Aufbäumen der Stasi? Ein Komplott ausländischer Banken? Herrhausen hatte umfassenden Schuldenerlass für Dritte-Welt-Länder gefordert und die Deutsche Bank durch massive Zukäufe zugleich auf internationales Level gehoben. Der Herrhausen-Fall: eine Folie für Verschwörungstheoretiker, dieses Audiofeature hält sich davon aber fern und ziseliert vielmehr den Dilettantismus, mit dem seinerzeit ermittelt wurde. Hörenswert.
„Die haben wir hier nie gesehen."
The Quiet German
Die Begeisterung angloamerikanischer Medien für Deutschlande reißt nicht ab. Sei es das Hipster-Techno-Moloch Berlin. Neuerdings auch der Fußball, der internationale Maßstäbe setzt oder eben auch die Politik. Im amerikanischen Magazin The New Yorker ist diese Woche ein umfangreiches Portrait von Angela Merkel erschienen. Ausführlich, detailliert und doch aus dieser nichtdeutschen Perspektive, die auch Lesern hierzulande spannende und interessante Einblicke hinter das Phänomen Angela Merkel („the most powerful woman of the world“) liefert.
„Among German leaders, Merkel is a triple anomaly: a woman (divorced, remarried, no children), a scientist (quantum chemistry), and an Ossi (a product of East Germany). These qualities, though making her an outsider in German politics, also helped to propel her extraordinary rise.“