Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Ferngesteuertes Auto
Der sogenannte „Benz Patent-Motorwagen Nummer 1“ wurde 1886 von Carl Benz erfunden und gilt als das erste Automobil. Zu dieser Zeit waren Computer und Vernetzung noch ziemlich weit weg und keiner dürfte damals auf die Idee gekommen sein, dass irgendwann Autos per Internet miteinander kommunizieren können und dass so etwas Abstraktes wie Software eine wesentliche Rolle dabei spielt. Im 21. Jahrhundert gibt es kaum ein Auto mehr, das ohne Software vom Band läuft. Das birgt viele Sicherheitslücken und neue Problemfelder. Autos werden nicht mehr mit Brechstangen geknackt, sondern mit Laptops gehackt und seit einiger Zeit fragen sich skeptische Autofahrer, ob es für Kriminelle nicht auch möglich ist, ein Auto fernzusteuern und zu manipulieren. Die Antwort: Ja, ist es. Der Wired-Autor Andy Greenberg traf die beiden Hacker Charlie Miller und Chris Valanek, die den Journalisten in einen Jeep Cherokee steckten und ihn losfahren ließen. Plötzlich bläst die Lüftung, das Radio stellt sich wie von Geisterhand laut und bei über 100 setzt das Getriebe aus.
Instead, they merely assured me that they wouldn’t do anything life-threatening. Then they told me to drive the Jeep onto the highway. “Remember, Andy,” Miller had said through my iPhone’s speaker just before I pulled onto the Interstate 64 on-ramp, “no matter what happens, don’t panic.”
##Das Ende des Kapitalismus
„Alternativlos“ ist das traurige Modewort der Stunde. Und alterntivlos heißt in der Regel: Keine Alternative zum Kapitalismus zu haben. Unterdessen diktiert der moderne Kapitalismus Politik, Gesellschaft und Ethik. Er diktiert Griechenland, das soziale Leben, Fußball, unser Essen, eigentlich alles. Der englische Journalist Paul Mason glaubt schon länger nicht mehr an eine Zukunft des Kapitalismus. Er postuliert die anstehende Ära des Postkapitalismus und beschreibt für den Guardian, dass wir uns in einigen Bereichen bereits im Umbruch befinden. IT, neue Formen der Arbeit und Sharing Economy sollten uns Anlass geben, wieder an Utopien zu glauben.
Postcapitalism is possible because of three major changes information technology has brought about in the past 25 years. First, it has reduced the need for work, blurred the edges between work and free time and loosened the relationship between work and wages. The coming wave of automation, currently stalled because our social infrastructure cannot bear the consequences, will hugely diminish the amount of work needed – not just to subsist but to provide a decent life for all.
##Auf den Spuren des Techno Viking
Ob die Geschichte nun wahr ist oder nicht, ist vielleicht gar nicht so wichtig. Die englische Satire-Webseite Waterford Whispers hat sich (angeblich) auf die Suche nach dem weltberühmten Techno Viking begeben. Jener hünenhafte vollgepeppte Muskelraver, der auf der Fuckparade 2000 durch Berlin-Mitte zog, dabei gefilmt und 2007 einer der ersten großen YouTube-Memestars wurde. Man fühlt sich wie in den Fake-Interviews von Tom Kummer und man kann sich danach kaum vorstellen, dass so eine Biografie nicht das Leben geschrieben haben soll.
„Yes. I am the one you call Techno Viking. My name is Gunther Ackerman and I want to tell you my story.“
##Prolls, Assis und Schmarotzer
Florida-Rolf, Sozialschmarotzer, faule Griechen, asoziale Hartz IV-ler – das Vokabular ist vielseitig, wenn es um vermeintliche Parasiten in unserer Geselschaft geht. Die beiden Autoren Sebastian Dörfler und Julia Fritzsche haben für den Radiosender Bayern 2 ein hörenswertes Feature produziert, das sich mit den Arm-Reich-Bildern in Deutschland beschäftigt und feststellt, dass das Bild von „faulen Arbeitslosen“ oder „faulen“ Griechen immer dann auftaucht, wenn Krisen herrschen und die Gesellschaft auf der Suche nach Rechtfertigungen ist. Am Ende sind die Betroffenen nämlich selber schuld.
Mit der Euro-Krise hat sich diese „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, wie Soziologen die Abwertung bestimmter Menschengruppen bezeichnen, noch ausgedehnt. „Parasiten“, „Armutsmigranten“ und „faulen Griechen“: In was für einer Gesellschaft entstehen diese Bilder und wie wirken sie?