Leseliste 25. Juni 2017 – andere Medien, andere ThemenAnthony Bourdain, 1 Jahr Brexit, Tinnitus und Comic Sans

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Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

anthony bourdain

Anthony Bourdains Auftritt in Manila, Foto: Jan-Peter Wulf

The travelling Statesman: Anthony Bourdain

In Anlehnung an Jan-Peter Wulfs umfangreichen Manila-Reisebericht „Einmal um die Welt futtern“ empfehlen wir für den Sonntag diesen Longread über den Koch, Autor, Streetfood-Experten und TV-Star Anthony Bourdain. Für seine Formate „No Reservations“ und „Parts Unknown“ reiste er zeitweise 200 Tage im Jahr um die Welt und sei wohl dabei ein regelrechter „travelling statesman“ geworden. Sein Credo „I travel around the world, eat a lot of shit, and basically do whatever the fuck I want“ ist enorm erfolgreich. Seine Obsession für authentisches Essen – Streetfood (Essen, tatsächlich serviert am Straßenrand und nicht in hippen Markthallen) – ist dabei auch ganz offen dem Zeitgeist gewidmet: In Bourdains Augen seien die Zeiten des opulenten 15-Gänge-Menüs eh vorbei. Patrick Radden Keefes umfangreiches Porträt wirft ebenso einen Blick auf die internationale Ess- und Reisekultur, mit der sich Bourdain beschäftigt und gibt intime, aber respektvolle Einblicke in seine Persönlichkeit – seien es einstige Drogenprobleme, die Herausforderungen des Vaterdaseins oder sein ausdauerndes Jiu-Jitsu-Training.

„People who do not watch Bourdain’s show still tend to think of him as a savagely honest loudmouthed New York chef. But over the years he has transformed himself into a well-heeled nomad who wanders the planet meeting fascinating people and eating delicious food. He freely admits that his career is, for many people, a fantasy profession.“

Anthony Bourdain’s Moveable Feast

UK und die Zukunft

Ein Jahr nach der Brexit-Entscheidung hat die Redaktion von Politico sechs Autorinnen und Autoren gebeten, in die Glaskugel neben ihren Laptops zu schauen und sich Großbritannien in zehn Jahren, also 2027, vorzustellen. Mit dabei sind zum Beispiel die Journalistin Mary Ann Sieghart, der Redakteur von New European Matt Kelly oder der frühere Arbeitsminister Chris Mullin. Die kurzen Texte, die inhaltlich und stilistisch unterschiedlicher nicht sein könnten, zeichnen dabei nicht ausschließlich ein düsteres Bild der Zukunft Englands. Denn die Abnabelung von Europa wird zwar dramatische Auswirkungen haben; die aktuellen Vorfälle auf der Insel könnten jedoch der Auslöser für noch dramatischere Veränderungen sein. Wie mit denen ohne die Unterstützung des europäischen Verbunds umgegangen werden kann, weiß niemand.

„There will have been no big bangs. There will be no game-changing trade deals. The NHS won’t have fixed itself. There will have been many losses. London will have carried on. And because London is fine, Westminster, and the BBC, will say Britain is fine.“

Britain, 10 years on

Leseliste Tinnitus 20160624

Foto: Henry Be, unspash.com

Technovolkskrankheit Tinnitus

Wer sich über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg lauter Musik aussetzt, egal ob im Club oder auf den Kopfhörern, wird früher oder später Bekanntschaft mit Tinnitus machen. Dem berühmten Säuseln oder Fiepen im Ohr, das vor allem dann quält, wenn es drumherum still ist. Mit anderen Worten: Stille ist mit Tinnitus nicht existent. Ausgelöst werden kann er zwar auch durch Stress oder andere Dinge, trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit des Symptoms bei Leuten, die im Musikkontext tätig sind, überdurchschnittlich hoch. Shit. Was genau Tinnitus ist, wie Musiker mit ihm klarkommen, wie man vorbeugen und den Ton im Ohr minimieren kann, verrät Resident Advisor.

„In DJ booths with decibel meters, it's not unusual for them to turn warning-red at 100 dB. At that volume, sound may begin to cause permanent harm after 15 minutes.“

A music-lover's guide to tinnitus

comicsans

Der Spaßfont

Einen Text in Comic Sans zu verfassen, wirkt so seriös wie eine Uli-Stein-Krawatte beim Kundengespräch zu tragen. Wie kam es zu diesem typografischen Unfall? Ein kurzer, aber aufschlussreicher Text über die Entstehung und den Aufstieg der wohl meistgehassten Schriftart der digitalen Welt, die seit Windows 95 nicht mehr wegzudenken und Systemschrift ist. Comic Sans kommt aufgrund seiner scheußlichen Asymmetrie besonders Menschen mit Leseschwäche zu Gute – man lese und staune. Und, das sei an dieser Stelle ergänzt, in deutschen Grundschulen und anderen Bildungseinrichtungen für den Nachwuchs ist die Schrift deshalb so ubiquitär, weil sie die einzige Schrift ist, die das „a“ so darstellt, wie Schüler das „a“ zu schreiben lernen, nämlich wie oben zu sehen.

Comic Sans got picked up by Microsoft administrators who used it for office birthday party invites. And when Windows 95 was released the next year, Comic Sans was one of the system fonts.

How Comic Sans Became The World's Most Notorious Font

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Lorde, Marika Hackman und Von Spar

„Man kann prima abnehmen und dabei mehr bezahlen“Jannes Vahl über seinen Monat (fast) ohne Plastik