Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Seniorentechnik
Wer schonmal nach einem Handy für Oma oder Opa oder eine andere Person im fortgeschrittenen Alter gesucht, sich nach einem Stuhl für die Dusche umgesehen oder irgendetwas aus dem Sanitätshaus besorgt hat, hat sich mit Sicherheit auch schon gefragt: Warum ist das alles so hässlich? Als komme jeder Sinn für Ästhetik mit fortschreitendem Alter von allein abhanden. „Old Age is over“ heißt das aktuelle Titelthema der MIT Technology Review, aus der auch dieser Artikel kommt. In San Francisco fördert man seit einigen Jahren eine Praxis, die unterhalb des hohen Alters Usus ist: Design & User Testing.
Presented with products that are “brown, beige, and boring,” many older people will forgo convenience for dignity.
Art Spiegelman über das goldene Zeitalter der Superhelden
Art Spiegelman, der berühmte Autor der „Maus“-Comics und Sohn der Auschwitz-Überlebenden Władysław und Andzia Spiegelman, beschreibt in diesem Essay den Beginn des goldenen Zeitalters der Comic-Superhelden in Amerika. Die Zeichner jener Helden waren nämlich oft jüdische Immigranten (Stan Lee hieß ursprünglich Stanley Lieber), die der faschistischen Bedrohung durch die Nazis eine visuelle Kraft und Gewalt entgegenzusetzen wussten. Die Geschichte hinter diesem Essay ist ebenso brisant: Spiegelman wurde von der Folio Society angefragt, ein Vorwort für eine Golden-Age-Comic-Kompilation von Marvel zu schreiben. Marvel Comics, die das Buch mit herausgeben, baten Spiegelman jedoch unten zitierte Stelle über den faschistischen Orange Skull aus dem Text herauszunehmen, da man gern „unpolitisch bleiben möchte“. Spiegelman zog den Essay zurück und veröffentlichte ihn im Guardian. Später erfuhr er, dass der ehemalige Marvel-CEO und nun Vorsitzender Isaac Perlmutter die maximal mögliche Summe von 360.000 Dollar an Trump spendete.
Auschwitz and Hiroshima make more sense as dark comic book cataclysms than as events in our real world. In today’s all too real world, Captain America’s most nefarious villain, the Red Skull, is alive on screen and an Orange Skull haunts America. International fascism again looms large […].
Art Spiegelman: golden age superheroes were shaped by the rise of fascism
Rephlex Records
Viele Jahre lang war Rephlex Records, das gemeinsame Label von Glant Claridge und Richard James aka Aphex Twin, eine absolute Institution auf dem noch vergleichsweise jungen elektronischen Dancefloor. Irre Platten, oft genug auch von irren Typen. Bochum Welt, The Gentle People, DMX Crew, Bogdan Raczynski, Squarepusher: Sie und viele andere lernten hier das musikalische Laufen. In einem Interview mit Resident Advisor erinnert sich Richard James an die Label-Arbeit. Das Interview, das offenbar per E-Mail geführt wurde, ist unbearbeitet, nicht gekürzt oder korrigiert und einfach herrlich zu lesen. James’ Humor ist genauso bekannt, wie sein musikalischer Weitblick. Good Read.
„I didn't immediately like Drexciya coz I was passionate about Kraftwerk and mistakenly wrote it off as a rip off but didn't take long to work out they were just as passionate about it as me and it was fucking excellent and I was wrong.“
Fressautomaten
Die FEBO-Automaten aus den Niederlanden sind berühmt-berüchtigt und haben auch schon so manchem spontan Heißhungrigen, eventuell nach dem Konsum einer ordentlichen Tüte mit Super Polm, den verstrahlten Weg ins Restaurant oder den Supermarkt erspart. Gulden (mittlerweile natürlich Euro) rein, Klappe öffnen, Frikandel, Loempia, Bitterballen und Co. entnehmen und das hoffentlich noch einigermaßen warme Zeug „genießen“. Ausdruck einer kulinarischen Unkultur? Atlas Obscura zeichnet die Geschichte nach: Die beginnt nicht in NL, sondern an der US-Ostküste – schon im frühen 20. Jahrhundert wurden Automatenrestaurants in NYC hip, und das überhaupt erste soll sogar schon 1896 in Berlin gestanden haben. Deutsche Esskultur ...
According to Automat chroniclers Laura Shapiro and Rebecca Federman, the interior of the Berlin restaurant was “a splendid dining room in the Art Nouveau style, lavishly appointed with mirrors, marble, and stained glass.”
After Automats Died in New York, They Flourished in the Netherlands