Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Finternet
Mark Zuckerberg, der ewige Nerd in Casualshirt und Badelatschen, der auf Talks ständig „share“ sagt, hat was vor. Er will der Welt nicht nur als Gründer des größten sozialen Netzwerks in Erinnerung bleiben, sondern als derjenige, der das Internet zum tatsächlichen globalen Netzwerk gemacht hat. Projektname: Free Basics. Drohnen namens Aquila mit gigantischer Spannweite strahlen Laser in kenianische oder indische Dörfer und dann kommt das Kind dort an Bildungsressourcen und dann ist die Welt ein bisschen besser. Ein Trupp alter Männer baut die Beam-Kolosse, die weit über dem kommerziellen Flugraum schweben sollen, es klingt wie ein Space-Cowboys-Plot. Tatsächlich ist man technisch ein gutes Stück vorangekommen, Barrieren sind Vorbehalte der Staaten, das Zuckerberg-Netz sei selektiv und nicht neutral. Und: Am Boden scheint so mancher gar nichts damit anfangen zu können. Zum Beispiel dann, wenn in der Laser-Wifi-Zone kein vernünftiger Sitzplatz vorhanden ist.
Wallace takes the man’s phone, scrolls to the settings, and ticks the Wi-Fi box, connecting him. “It’s free,” Wallace says. The man takes his phone back. He isn’t visibly excited.
##The Tennis Racket
Eine außergewöhnliche wie besonders tiefgehende und ausführliche journalistische Zusammenarbeit ist der Artikel „The Tennis Racket“ von Heidi Blake und John Templon, die von der renommierten BBC, aber auch vom Clickbait-Imperium Buzzfeed in Auftrag gegeben wurde. Auf Basis von bislang geheimen Dokumenten konnten die Journalisten aufdecken, dass auch der ehrenwürdige Sport Tennis korrupt ist und führende Verbände seit Jahren versuchen, die Ereignisse zu vertuschen. Wettbanden aus Russland und Italien bieten demnach Profispielern viel Geld an, um Spiele bewusst zu verlieren. Es handelt sich um ein finsteres Milliardengeschäft. Nach den aktuellen Enthüllungen im Weltfußball und der Leichtathletik kippt der nächste Profisport. Vor der anstehenden Olympiade in Rio alles andere als das richtige Signal.
„If you were to invent a sport that was tailor-made for match-fixing, the sport that you would invent would be called tennis.“
##Visitenkarten der Bombenbauer
Mit einer ungewöhnlichen und nicht minder genialen Idee arbeitet das CLUI, das „Center For Land Use Interpretation“ aktuell den Kalten Krieg, das damalige Wettrüsten der Supermächte USA und UdSSR und die Auswirkungen auf die Wirtschaft Nordamerikas auf. In einer Ausstellung in Los Angeles werden die Visitenkarten von Handelsreisenden gezeigt, die zwischen 1967 und 1978 im Auftrag ihrer Firmen beim Los Alamos National Laboratory vorstellig wurden, dem US-amerikanischen Hotspot für Kernwaffen-Entwicklung. Was sie in diesem Zeitraum nach New Mexico verschlug und welche Entwicklungen, Prototypen oder Blaupausen sie in ihren Aktenkoffern dabei hatten, ist nicht bekannt. Jede Industrie, auch das Militär, braucht Zulieferer. Und so schafft es die Ausstellung, sich dem Kalten Krieg auf vollkommen abstraktem und doch sehr konkreten Wege zu nähern, gibt Denkanstöße und ermöglicht den Zugang zu einer dunklen Epoche der jüngeren Vergangenheit. Da ist das Design der Visitenkarten, die zum Teil abgedruckten Gesichter der Vertreter, die Adressen, die Slogans und die Bildsprache, die die Kompetenz der Unternehmen unterstreichen und herausstellen soll. Sie alle spielten eine Rolle im Wettrüsten, ob sie es wussten oder nicht, ob sie es wollten oder nicht. Robinson Meyer hat für The Atlantic mit Matthew Coolidge, dem Chef des CLUI über die Ausstellung und auch über das Buch zur Ausstellung gesprochen.
„Wir haben zunächst recherchiert und die Telefonnummern angerufen. Viele der Firmen gibt es noch heute.“
Hetero-Männer und ihre Angst vor Sexspielzeug
Frauen und schwule Männer haben – je nach Gesprächsrunde natürlich – meist kein Problem damit, über ihr Sexspielzeug zu reden. Im Gegenteil: Da wird diskutiert über die richtige Form, gute Verarbeitung, persönliche Geschmäcker und das neue 130-Euro-Modell von Fun Factory. Heutzutage werden keine Tupperpartys mehr veranstaltet, sondern die Dildofee kommt vorbei und stellt die neuesten Errungenschaften der Sex-Toy-Industrie vor. Bei Hetero-Männern sieht das allerdings ganz anders aus. Masturbatoren? Wie bitte? Will Mann nicht. Leonie Roderick hat für dazed mal recherchiert und bei den Sex- und Toy-Experten nachgefragt, woran das liegt. Scham und Schubladen, in die Hetero-Männer nicht gesteckt werden wollen, gehören u.a. zu den Gründen. Aber es tut sich was:
„The market is expanding with innovation at its forefront. An increasing number of toys are now becoming non-gender specific, which means more men feel comfortable exploring sex toys themselves.“