Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
Der schönste Sport der Welt
Auch wenn Tennis in den hiesigen Medien gerade im Vergleich zu Fußball eine kaum noch bedeuteten Rolle spielt – für viele ist und bleibt Tennis der großartigste Sport der Welt. Tennis hat viele leidenschaftliche Fans: Anne-Sophie Mutter, David Foster Wallace, Erich Kästner, Ilija Trojanow, alle huldigen dem weißen Sport. Tennis ist für diese Künstler nämlich auch Kunst. Deutschlandradio Kultur hat zu diesem Thema ein spannendes Feature produziert. Eleganz, Ästhetik, der perfekte Schwung, Rhythmus und Grazie – nirgends scheint das Schöne eine so wichtige Rolle zu spielen.
Tennis als Tanz, als schöne Kunst – so ist es nicht erstaunlich, dass eine mögliche Erklärung des Begriffs "Tennis" eine Ableitung vom deutschen Wort "Tanz" ist. Eine zweite Theorie geht davon aus, dass "Tennis" auf den französischen Ausruf "Tenez!" zurückgeht, was "Nehmt oder haltet den Ball!" bedeutet.
Krasse Gegenwart
William Gibson hatte Schreibblockade. Während „Die Zeit“ ihn zu seinem gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Peripherie“ interviewt, steht in die Inauguration von Trump kurz bevor, das Jahr 2017 hat gerade begonnen und der nächste Teil von Gibsons SciFi-Serie soll 2017 spielen, unter ähnlichen Vorzeichen. Da muss selbst ein Visionär mal durchatmen und auf Twitter mehrere Wochen einfach haten. Mittlerweile hat der Visionär wieder Mut gefasst. O-Ton von Gibson zu lesen ist immer sinnstiftend, denn der Welterklärer versteht die Welt schon lange nicht mehr. Die Geschwindigkeit, mit der sich unser Planet dreht, ist selbst dem Erfinder des Cyberspace zu überschallig.
„Wer schreibt eigentlich diesen Mist? Wer schreibt die aktuelle Serienstaffel der Menschheitsgeschichte? Was haben die bloß genommen?“
Fabric hin, Fabric her, Goodbye London Nightlife
Hier in Berlin können wir uns über das Clubsterben kaum beschweren. Kaum schließt ein Laden, macht an anderer Stelle ein neuer auf, auch wenn das noch wenig über die Qualität der Clubkultur als solche aussagt. In London sieht das schon ganz anders aus. Fabric hin, Fabric her, Nightlife nähert sich dem Exitus, und das ist verdammt traurig. Dem Weg dorthin, inklusive der Geschehnisse, die zur Verschärfungen und Einschränkungen führten, widmet Pitchfork ein großes Feature. Leute wie Benji B, Four Tet und Philip Kolvin, Anwalt der Fabric kommen zu Wort, letzterer wird auch gleich ein Denkmal im Kampf gegen das Argument der „Drogentoten“ gesetzt. Wenn dann noch Berlin als gutes Beispiel dient, die Fabric am Ende doch gerettet ist, und alle ja eh nur „wegen der Musik“ da sind, könnte man fast denken: Doch noch alles gut in der Raverwelt. Mitnichten. Londons Clubkultur ist am Arsch, weiß jeder, sagt jeder. Und obwohl der Artikel darüber am Ende ein wenig hinwegtäuscht, steckt er voll gut recherchierter Details, persönlicher Geschichten und wichtiger Charaktere. Unbedingt lesenswert.
„As PR wars rage around London real estate, nightclubs have become symbolic battlegrounds for the future identity of London. And no club has been more tightly entangled in that battle than Fabric.“
##Besser spät als nie
Die Kolumnistin des Guardian hat natürlich völlig recht: Dieser Protest hätte schon viel, viel früher stattfinden müssen, nicht erst jetzt, wo das große Kind mit der stets schlecht gebundenen roten Krawatte in den Brunnen gefallen ist. Vier Jahre Trump, das bedeutet hoffentlich auch: Vier Jahre Hardcore-Protest. Und vielleicht der Anfang einer ganz neuen Bürgerbewegung, oder gar einer außerparlamentarischen Opposition. Warum denn nicht. Fünfzig Jahre ist es her, seit die Hippies das Areal rund ums Capitol von Washington belagerten, jetzt kommen am ersten Tag nach der Amtseinführung mehr Menschen zum „Women's March“ als Menschen zur Amtseinführung selbst, deutlich mehr. Ob das Aufbegehren nachhaltig ist, wird sich zeigen. Es muss so sein. Offline. Aufreger wird der neue Präsident, das ist zu befürchten, wohl genügend liefern.
All of us have seen the disconnection of many from any kind of politics and also the disconnection between social movements such as Occupy from electoral politics. The prize is now to connect.