Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind. Und zum Glück abgespeichert wurden.
Detektei Pinkerton
Die Pinkerton National Detective Agency wurde 1950 in Chicago gegründet. Eine Art Privatpolizei um die Interessen des Kapitals gegenüber der Arbeiterklasse durchzusetzen. Als blutige Streikbrecher sind die „Detektive“ in die Geschichte der USA eingegangen. Und es gibt sie immer noch. 1999 wurde das Unternehmen vom schwedischen Sicherheitskonzern AB Securitas übernommen engagiert wurde es zum Beispiel von Amazon, um Mitarbeiter zu bespitzeln. Kim Kelly hat die dunkle Geschichte von Pinkerton für Teen Vogue aufgeschrieben.
For example, the 1855 entry mentions how they specialize in “protecting railroad shipments for several Midwestern railways,” but conveniently skips past the Great Railroad Strike of 1877, when Pinkertons worked as infiltrators in a monthslong open conflict that left over 100 people dead.
The Pinkertons Have a Long, Dark History of Targeting Workers
Caliphate-Gate
Den Podcast der New York Times über den IS haben wir 2018 ja ziemlich abgefeiert. Mittlerweile allerdings erscheint er in einem etwas anderen Licht. Denn eine der Hauptpersonen, die die Macherin Rukmini Callimachi vors Mikrofon holte, ein angeblich ehemaliger IS-Kämpfer, der auspackt, entpuppte sich im Nachhinein als Fake. Über dieses hinaus entzündet sich immer mehr Kritik an der generellen Vorgehensweise der Journalistin: Dass sie seinerzeit Beweismaterial – über 15.000 Seiten – aus einem Ex-IS-Stützpunkt im Irak (im Podcast selbst eine atemberaubende Szene) außer Landes und in die USA verbracht hat, komme einer (neo)kolonialistischen Plünderung gleich.
Die Kritiker fürchteten, dass die „ISIS Files“ einen Präzedenzfall darstellen könnten, mit der Botschaft: Man kann als westlicher Journalist in Kriegsländer reisen, sich dort jedweden Materials bedienen und es sogar widerrechtlich für sich beanspruchen, ohne mit irgendwelchen Konsequenzen rechnen zu müssen – zum Vorteil der eigenen Karriere.
Ein falscher IS-Terrorist und der Fluch des neokolonialen Journalismus
Südkorea
Der Autor, DJ und Produzent Hans Nieswandt lebt seit Anfang des Jahres in Seoul. Südkorea gilt oft als Idealbeispiel beim Pandemiehandling, aber auch hier – im Land des superschnellen Internets, Smartphones und tollen Displays, läuft nicht alles entspannt und optimal. Nieswandt analysiert für die taz den Alltag in Korea. Er spricht mit dem Neurowissenschaftler Dr. Dong-Seon Chang und schätzt auch die potentiellen Probleme ein, die mit digitaler Überwachung und dem Konzept des Fürsorgestaats einhergehen.
5G-Internet sogar in der U-Bahn hat seine Nebeneffekte. Unaufgefordert schieben sich Sicherheitshinweise mehrmals täglich in jedes Telefongespräch, das daraufhin kurz unterbrochen wird; zur zweiten Natur geworden ist mittlerweile das Fiebermessen und Einchecken in Cafés, Läden und Restaurants per QR-Code. Für mich okay, aber für so manche Liebesaffäre bedeutete dies schon die ungewollte Aufdeckung, ebenso für so manche bis dahin diskret verschwiegene sexuelle Orientierung.
Bummtown Berlin
Keiner kann die Genese Berlins von der geteilten Stadt zur Hipster-Party-Europametropole so gut beschreiben wie Tobias Rapp, das hat er mit „Lost and Sound“ eindrücklich bewiesen. Das Buch erschien 2009, seitdem ist ein bisschen was passiert. In einem neuen Essay, Teil des Buchs „Ten Cities“ des Goethe-Instituts, blickt Rapp nicht nur auf die Anfänge in den Hinterhöfen und Kellern Ost-Berlins zurück, sondern schaut sich auch an, was mit Techno/Berlin nach der kommunalen Krise der frühen 2000er-Jahre passierte und wie 2011 der Easyjetset einbrach, als Eyjafjallajökull ausbrach. Und wie Techno, trotz Verdrängung, immer noch da ist. Die ganz aktuelle Situation – alle Clubs zu – ist zwar nicht Inhalt dieses Textes, aber das macht ihn nicht weniger lesenswert.
Now the subcultures are beginning to account for themselves. It is also their activists who drive the discussions on what kind of city Berlin actually is and wants to become.
Excerpt: How Berlin went from almost bankrupt to techno capital