Leseliste 17. Juni 2018 – andere Medien, andere ThemenSoziale Ungleichheit, Claudia Roth, Tourismus-Verschmutzung und Jürgen Habermas

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

LL 170618 Soziale Ungleichheit

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Soziale Ungleichheit

In einer aktuellen Studie will die britische Mental Health Foundation herausgefunden haben, dass 74 Prozent der Briten im Alltag nicht mehr klar kommen und überfordert und enorm gestresst sind. Ein Grund dafür, so die Forscher, sei die immer größer werdende soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft. Die Folgen: psychische Probleme bis hin zu Depression und Burnout. Denn umso größer die materiellen Unterschiede innerhalb einer Gesellschaft sind, desto eher werden Status und Geld als innerer Wert wahrgenommen.

Für eine Gesellschaft, die glaubt, man müsse nur genug verdienen und konsumieren, um glücklich und zufrieden zu sein, sind diese Zahlen irritierend. Denn offenbar ist genau das Gegenteil der Fall: Studien über Menschen, die ganz in unserer Konsumkultur aufgehen, haben gezeigt, dass gerade sie am unglücklichsten und unsichersten sind und häufig unter psychischen Problemen leiden.

Die große Depression

LL 170618 Bundestag

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Claudia Roth über die AfD-Schweigeminute

Vergangene Woche ereignete sich ein Debakel im Bundestag, als die AfD eine Schweigeminute im Plenarsaal für die ermordete Susanna Feldmann zu erwirken versuchte. Claudia Roth, Vizepräsidentin des Bundestags, hat das in ihrer Rolle als Sitzungspräsidentin unterbunden und wurde prompt (nicht zum ersten Mal in ihrem Leben) tausendfach mit Hass und Drohungen überschüttet. In ihrem Blog erklärt die Politikerin nochmals die Gemengelage und weshalb der Antrag der AfD nicht angenommen werden konnte. Aber auch ihre Einordnung der AfD und ihrem politischen Gebaren ist präzise und eindeutig und macht klar, wieso von Demokratieverständnis in dieser Partei keine Rede sein kann.

Nur wenige Minuten nach meiner Intervention – wie von Zauberhand, als sei von langer Hand geplant worden – erschienen ausführliche Hetzartikel auf völkischen und rechtsextremistischen Blogs. Die Folge: Seit nunmehr einer Woche ergießen sich unzählige Vergewaltigungs- und Gewaltandrohungen über mich. „Dich Vieh werden wir an Klavierdraht am Fleischerhaken hängen.“ So und so ähnlich, tausendfach. Das ist erschreckend und verlangt nach Einordnung.

Persönliche Erklärung zur inszenierten „Schweigeminute“ der AfD im Deutschen Bundestag

Japan: Kein Zimmer frei

Im vergangenen Jahr besuchten 28,7 Millionen Touristen Japan. Ein Rekord, der eine Trendwende nach der Katastrophe in Fukushima einleitete. Aber glücklich scheint man in Japan über die wachsende Zahl der Besucher nicht zu sein. Seit diesem Wochenende gelten neue Richtlinien für Airbnb, und die haben es in sich. So wurden aus 60.000 registrierten Unterkünften von heute auf morgen 1.000. Bestätigte Buchungen wurden storniert – ein teurer Spaß für Airbnb. Und vor Ort spricht man von „Tourismus-Verschmutzung“. Zum Beispiel in Kyoto. Von dort berichtet Justin McCurry für den Guardian wie es so ist, wenn sich Besucher nicht standesgemäß in den Tempelanlagen benehmen. Eine schwierige Situation, die spätestens zur Olympiade 2020 weiter eskalieren wird, wenn es keinen ergebnisorientierten runden Tisch gibt.

„It’s not some sort of cultural Disneyland.“

'Tourism pollution': Japanese crackdown costs Airbnb $10m

Habermas

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Still angry

Jürgen Habermas wird morgen 89 Jahre alt und er ist immer noch wütend. Das ist gut so, denn erstens: Grund, sich zu echauffieren, bietet die Welt anno 2018 genug. Und zweitens: Habermas ist der Philosoph, der seine Theorie des kommunikativen Handelns auch dahingehend in die Praxis umsetzt, dass man ihn versteht. Ohne dabei Populist zu werden oder Fernsehphilosoph. Kluge Analyse, klare Gedanken. Auch in diesem Text, obschon sich das Gespräch mit den Journalisten von El Pais um vieles binnen kurzer Lesezeit dreht – Trump und Kant, das Internet und Europa, Macron und Katalonien, der Clash der Zivilisationen und europäischer Islam. Ein Schnelldurchlauf am Starnberger See.

I am too old to judge the cultural impulse that the new media is giving birth to. But it annoys me that it’s the first media revolution in the history of mankind to first and foremost serve economic as opposed to cultural ends.

For God's Sake, Spare Us Gorverning Philosophers!

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Markus Guentner, Gui Boratto und Said

Review: Apple HomePodWie klingt der smarte Speaker aus Cupertino?