Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Autonomes Fahren lernen
Auf einem ehemaligen Luftwaffenstützpunkt, rund zweieinhalb Stunden entfernt von Mountain View, forschen Google-Ingenieure am Auto der Zukunft. 53 Wagen umfasst die Flotte derzeit, ein paar Lexus', vor allem aber die schneeweißen Mini-Karren kurven über das Gelände, von Mitarbeitern nur „Castle“ genannt. Das Ziel: der vollständige Verzicht aus den „Fahrer“. Doch der Weg dorthin ist kompliziert und im wahrsten Sinne des Wortes lang. Steven Levy hat angeheuert. Als Testfahrer. Genau die braucht Google aktuell noch. Auto-Fans mit scharfer Beobachtungsgabe analysieren das Fahrverhalten und müssen im Zweifel schnell eingreifen. Denn immer öfter verlassen die Wagen das Testgelände und fädeln sich in den Straßenverkehr von Kalifornien und Texas ein. So sammeln Mensch und Maschine nicht nur Meilen, sondern auch Erfahrungen.
„Auf der Mittelkonsole prangt der BRB, der Big Red Button. Der würde auch Bösewichten bei James Bond gut stehen, schaltet aber die Automatik sofort ab und übergibt die Macht über das Auto wieder an die Insassen.“
##Pump up the ... quality!
In einer Stadt, in der alles sauteuer ist, muss man Menschen, denen man das Geld aus der Tasche ziehen will, umso mehr bieten. Londons Restaurants und Bars gehören zu den besten der Welt. Geschmack, Look, alles top. Jetzt wird an einer weiteren Schraube gedreht: Akustik. High-End-Lautsprecher, wie sie sich sonst nur High-Fidelity-Vollnerds ohne Budgetrestriktionen in die Bude stellen, beschallen Jazz-Bars und kleine Clubs, etwa das „Brilliant Corners“, das neben unkomplizierten Weinen vor allem zwei große Lautsprecher des legendären Herstellers Klipschorn aufgestellt hat. Und damit scharenweise Menschen zu sich zieht, die sich sonst mit Aktivboxen und den gruseligen iPhone-Ohrhören zufrieden geben.
„We’ve had someone in tears when a DJ played One Day I’ll Fly Away by Randy Crawford. One of our regular DJs played Abbey Road from start to finish on the original vinyl: so simple, but such a pleasure to hear on a great system.”
Sonic boom: why clubs are cranking up the quality instead of the volume
##„Unser Sexmob“
Als hätte man am Bundesgerichtshof nicht genug zu tun, ist der vorsitzende Bundesrichter Thomas Fischer auch Kolumnist für Die Zeit und schreibt, wie sollte man es anders erwarten, über Recht. Thomas Fischer ist aber auch ein großartiger Autor. Klug, reflektiert, besonnen, ziemlich witzig und kann, wenn nötig, stammtischtauglich laut werden. Sein Jahresrückblick 2015 war daher wohl auch der lesenswerteste seiner Art. Und nun äußerte sich Fischer zu den Silvestervorfällen in Köln. Über das, was alles falsch läuft in der politischen wie medialen Aufarbeitung des Themas. Über vermeintliche Sex-Mobs und kippende Stimmungen. Pflichtlektüre. Nicht nur Pegida-Anhängern würde man diesen Text gerne nachts ins Ohr flüstern, damit wenigstens etwas davon hängenbleibt.
„Bleiben Sie, liebe Mitbürger, bitte ruhig und freundlich! Es sind am 31. Dezember 2015 in Deutschland etwa genauso viele Straftaten geschehen wie an jedem anderen 31. Dezember. Der Anteil der von Ausländern begangenen Straftaten ist nicht gestiegen.“
##Digitale Schlachten
Dass die Kriege der Zukunft immer seltener auf dem Schlachtfeld, sondern am Joystick in klimatisierten Kommando-Stützpunkten entschieden werden, ist bereits heute immer öfter Realität. Ronald Reagans „Krieg der Sterne“? Eine fast schon romantische Vorstellung. Software, Malware, kann Länder – Feinde – kategorisch lahmlegen, ein guter Algorithmus mehr wert sein als der Bombenteppich, effektiver, effizienter, preisgünstiger. Wo steht die USA aktuell in Bezug auf diese digitale Kriegsführung, jenseits von Drohnen, Aufklärungssatelliten und Roboter-Soldaten? Danny Vinik analysiert für „Politico“. Bis Ende 2016 sollen sich allein beim Militär 41 unabhängige Teams, Abteilungen und Einheiten um die digitale Kriegsführung kümmern. Unter Präsident Obama wurden die Kapazitäten konsequent aufgestockt; die öffentlich zugänglichen Informationen bleiben spärlich. Dabei – so argumentieren Experten – erfordere der Umschwung in der Verteidigungs- und Angriffspolitik eine grundlegende Debatte über „Standards“, die Do's und Don'ts. Eine neue Genfer Konvention. Eine E-Neva Convention.
„Wir haben keine Vorstellung davon, wie schlimm ein Cyber-Krieg wirklich sein kann.“