Leseliste 17. Februar 2019 – andere Medien, andere ThemenFußball retten, Antisemitismus, Bryan Singer und die Brücke nach Venezuela

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Oligopol-Welt Fußball

Christian Spiller verantwortet den Sportbereich bei ZEITonline und hat einen, auch für Nicht-Fußball-Fans, sehr schönen und lesenswerten Text über das größte Problem des Volkssports geschrieben – und wie er damit umzugehen gedenkt. Das Problem ist schnell benannt: Geld. Dass oben viel viel viel zu viel Geld verdient und umgesetzt wird, machen teure Transfers (Neymar zu Paris Saint-Germain für 220Mio. Euro) oder gelegentliche öffentlich gemachte Unklarheiten bei den Steuererklärungen von Top-Spielern (Messi, Ronaldo) überdeutlich. Dass dieses Zuviel, das den immer gleichen Mannschaften der Champions-League zugute kommt, gleichzeitig zuwenig für Mannschaften unterhalb der Weltelite bedeutet, merkt nur, wer sich wirklich interessiert. Und an jene richtet sich dieses Plädoyer.

„Natürlich kann man die großen Clubs unterstützen und natürlich kann man sich darüber beschweren, dass immer dieselben siegen. Es passt halt nur nicht zusammen. Wem eine bunte, vielfältige und vor allem unvorhersehbare Fußballwelt am Herzen liegt, der sollte sich um seinen örtlichen Fußballverein kümmern.“

Wie ich glaube, den Fußball zu retten

Antisemitismus

Wer wissen will, wie es um die Welt bestellt ist, liest die Bestandsaufnahme von Jon Henley zum Thema Antisemitismus im Guardian. Die bereits im vergangenen Jahr von der „Fundamental Rights Agency“ der EU durchgeführte Studie, für die rund 16.000 Jüdinnen und Juden in zwölf europäischen Ländern befragt wurden, bestätigt die schlimmsten Befürchtungen. 90 % bestätigten verstärkten Antisemitismus, 30 % von persönlich erlittenen Übergriffen. Nur eine Studie unter vielen, die in den vergangenen Monaten immer zum selben Ergebnis kamen. Die Mitgliedsstaaten der EU lassen sich dabei schon längst nicht mehr in gute und weniger gute aufteilen – der Antisemitismus ist ein gesamtgemeinschaftliches Phänomen. Tendenz: schlimmer.

„A recent poll suggested nearly half of yellow vest protesters believed in a “Zionist plot.”

Antisemitism rising sharply across Europe, latest figures show

Bryan Singer

Der Regisseur Bryan Singer gilt in Hollywood als Garant für erfolgreiche Filme. Der 53-Jährige, der einst mit „The Usual Suspects“ für Furore sorgte, konnte in den vergangenen Jahren mit erfolgreichen Produktionen wie der X-Men-Reihe oder auch jüngst „Bohemian Rhapsody“ die Umsatzkassen klingeln lassen. Singer steht nun unter Verdacht, über 20 Jahre lang Männer, teils Jugendliche im Alter von 15-17 Jahren, sexuell belästigt und vergewaltigt zu haben. Die Journalisten Alex French und Maximillian Potter haben für The Atlantic die Geschichte aus Sicht der Opfer recherchiert. Zwölf Monate Gespräche, Interviews mit 50 Quellen. Wer ist dieser Bryan Singer und wie konnte das so lange unentdeckt bleiben?

„On December 7, 2017, three days after The Hollywood Reporter broke the news of Singer’s firing, a Seattle man named Cesar Sanchez-Guzman filed a lawsuit against the director, alleging that Singer had raped him in 2003, when Sanchez-Guzman was 17. The day after that, Deadline Hollywood published an interview with a former boyfriend of Singer’s, Bret Tyler Skopek, in which Skopek described a lifestyle of drugs and orgies.“

Nobody Is Going to Believe You

tienditas

Screenshot: Google Maps

Die blockierte Brücke

Venezuela, ein Land in der Krise, hat seit ein paar Wochen einen neuen (Interims-)Präsidenten: Juan Guaidó. Ohne Wahl hat er sich ins Amt gehoben und wurde binnen kurzer Zeit von vielen Ländern, inklusive Deutschland, als Staatsoberhaupt anerkannt. Der bisherige und von einigen Ländern weiterhin als amtierender Präsident angesehene Nicolás Maduro soll, so berichteten Medien weltweit, Hilfskonvois mit Lieferungen gestoppt haben, indem die Tienditas-Brücke, sie verbindet Kolumbien und Venezuela, kurzerhand blockiert wurde. Ein Aufreger? Nein, eine Fehlinformation, denn die Brücke war noch nie in Betrieb, obschon 2016 fertig gestellt. Null Autos haben sie bisher offiziell passiert. Der Zaun steht schon seit mindestens 2017. Und so wird ein politisch-mediales Narrativ als Fake entlarvt. Wollen die USA an ihrer unrühmlichen Mittel- und Südamerikapolitik vergangener Jahrzehnte anknüpfen, wie man bei The Intercept vermutet? Fakt ist jedenfalls: Die Brückensperrung, die dazu beigetragen haben soll, das eigene Volk verhungern zu lassen, ist eine News, die keine ist.

„Tienditas Bridge has never opened even though it was finished three years ago, due to a dispute between Colombia and Venezuela. And the now familiar “rusty gate” has been there all this time.“

The Tienditas Bridge “blockade”

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Kankyō Ongaku, Default Genders und Not Waving

„Meine Arbeit bleibt unter dem Radar“Interview: Der Storyboard-Artist Kurt van der Basch erweckt Filme zum Leben