Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Propaganda
Fünf Monate hat das Team des Londoner Guardian zu einem Thema recherchiert, das einen in Zeiten von Fake News zwar nicht mehr sonderlich überraschen dürfte, dessen Dimensionen aber so umfangreich sind, dass sich die Lektüre dieses langen Artikels nicht nur lohnt, sondern auch zum grundlegenden Medienverständnis dazu gehört: China installiert ein global operierendes Medien-Imperium. Die Zensur lokaler Medien und das Blocken ausländischer Angebote per Geoblocking in der Heimat reicht der Regierung schon längst nicht mehr aus. Die staatlichen Stellen haben sich längst auf eine Strategie der konstanten Gegendarstellung verlegt, einem Storytelling, das ausschließlich dazu dient, China gut dastehen zu lassen. Dabei werden diese Nachrichten nicht nur in eigenen Medien gesendet, sondern auch bewusst in etablierten Zeitungen wie der Washington Post lanciert. Und in Afrika beispielsweise, wo chinesische Firmen große Teile der Internet-Infrastruktur betreiben, hat man sich so auch die Vertriebswege gesichert. Die neuen chinesischen Medienhäuser zahlen zudem so gute Gehälter, dass sich Journalistinnen und Journalisten weltweit um die offenen Stellen reißen. Da ist die Tatsache, dass die internationale Abteilung des chinesischen Staatsfernsehens, China Central Television, ganz offiziell mit „CCTV“ abgekürzt wird, fast schon eine Randnotiz.
„Outright censorship is generally unnecessary at China’s state-run media organisations, since most journalists quickly gain a sense of which stories are deemed appropriate and what kind of spin is needed.“
Trauriger Reis, fröhlicher Reis
Diese Geschichte ist so bekloppt, man mag es kaum glauben: Dr. Alexander Geist, Lehrer am Berufskolleg Hückeswagen, hat mit seinen Schülern ein Experiment gemacht, ein soziales Experiment. Um den Schülern etwas über Leaderhip beizubringen, brachte der Lehrer brachte zwei Gläser Reis mit zur Schule.
„Für die kommenden Wochen sollten die Berufsschüler das eine Glas mit positiver Energie – Lob oder Komplimenten -, das andere dagegen mit negativer Energie – Kritik oder Beschimpfungen – in Form von Worten oder Gesten bedenken. „Die Ausgangsthese dieses recht unwissenschaftlich und spielerischen Experiments war ja, dass der Umgang miteinander einen sehr großen Einfluss auf uns hat“, sagte Geist. Deutlich zeigte sich nach mehreren Wochen, in denen die Schüler recht konsequent an dem Experiment teilgenommen hatten, dass der negativ bedachte Reis stärker in sich zusammengesackt war, während der Reis im anderen Glas wesentlich gerader geblieben war.“
Serioulsy? Jepp. RP Online begleitete das Experiment ganz ernsthaft gleich mit mehreren Artikeln.
Yelp-Hölle
Dass Kunden heute Rezensionen schreiben, gehört mittlerweile zur Normalität. Ob Urlaub, Taxifahrt, kaum etwas, das man nicht mit Sternen und kurzen Kommentaren bewerten kann. Monica Araujo schrieb einen Verriss über eine Weinbar auf Yelp und ihr Leben ist seitdem nicht mehr das gleiche. Sexuelle Anfeindungen im Netz, Schikanen, Stalking, alles nur, damit diese Review wieder verschwindet. Eine verrückte Welt, will man meinen, aber leider wahr.
„Araujo isn’t alone. For years, people have shared horror stories about business owners and employees retaliating over negative online reviews. While a number of patrons have faced lawsuits, others found themselves the targets of wild, threatening rants. Some were even tracked down on Facebook, after the bullies discovered their full names. And one woman allegedly had police called on her because of a negative Facebook review of her gynecology office.“
Tal der Netzlosen
Brenschede ist ein Dörfchen im Sauerland, liegt in einem Tal zwischen bewaldeten Hügeln – und hat kein Handynetz. Für Mobilfunkabstinenzler ein Traum, für Holger Hengesbach ein Problem: Er wohnt dort und er ist IT-Spezialist. Wenn es eilt und er telefonieren muss, muss er mit dem Auto auf einen der Hügel ringsum fahren. Das Internet kommt teuer von der geostationären Umlaufbahn runter. 60 Kilometer vom größten Ballungsraum Europas entfernt, zeigt sich die Misere des Netzabdeckungs-Schlusslichts Deutschland in seiner vollen Pracht. Während aktuell über 5G diskutiert wird, gibt es hier nicht mal 1G. Das Mobilfunknetz der Industrienation: zu wenig Konkurrenz, zu wenig Dynamik im Markt, schlechte Qualität zum hohen Preis. Oder gar nix, wie in Brenschede.
„GroßstädterInnen treibt das „E“ in U-Bahnen regelmäßig zur Verzweiflung. Aber Holger Hengesbach freut sich. "E ist gut. Mit E kann man surfen!"“