Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
##Gefährliche Automation
Tim Harford erklärt an Hand des Absturzes des Air-France-Fluges 447 von Rio nach Paris im Jahr 2009, warum es wichtig ist, die Algorithmen zu hinterfragen, die unser Leben immer mehr bestimmen. Der Autopilot – in der Fliegerei schon lange Standard – ist dafür verantwortlich, dass die Crew im Cockpit immer weniger vertraut ist mit der „Hardware“, auf die sie immer weniger Einfluss haben. Angesichts der autonomen Autos, die in den kommenden Jahren vermehrt auf den Straßen unterwegs sein werden, ist dieses Problem dringlicher denn je. Und im Straßenverkehr wurde bereits in den 1980er-Jahren die Lösung gefunden, um genau dieses Szenario zu verhindern.
„For all the power and the genuine usefulness of data, perhaps we have not yet acknowledged how imperfectly a tidy database maps on to a messy world.“
##Fickt euch Start-ups!
Hui, da hat aber jemand einen Hals. Der Programmierer und Medium-Autor shem arbeitet in einem Start-up in den USA, kennt die Hintergründe und Gepflogenheiten der Branche nur zu gut und hat einen furiosen Rant verfasst. Die Headline Fuck You Startup World sagt eigentlich schon alles. Scheiß auf die pseudonette Arbeitskultur, scheiß auf all die Partys, scheiß auf all die seltsamen Leute und überhaupt. Eine Hasspredigt, ein betrunkener, aber unterhaltsamer Wahnsinn mit wahrscheinlich viel Wahrheit dahinter.
And what the fuck all those parties after raising money. Don’t you get it? You just dug your grave a little bit deeper. You should celebrate any day that you don’t have to sell off another part of your company.
##Willkommen bei den Trump-Wählern
Es könnte ein TV-Filmplot sein, aber das ist diese ganze US-Wahl ja sowieo (Netflix braucht keine weiteren House-of-Cards-Folgen mehr in Auftrag geben): Statt in New York City oder San Francisco landet eine linksliberal aufgewachsene Berliner Schülerin in einem Kaff in Minnesota. Alle finden Trump gut, Obama ist quasi Hitler und Trump der Inbegriff des amerikanischen Traums, weil er seinen Wahlkampf selbst bezahlt. Gegen homophobe, islamophobe, überhaupt xenophobe Kreationisten – Mitschüler, Eltern, Lehrer – zu argumentieren, lässt sie alsbald bleiben. Dann lieber Footballjungs auf den Hintern gucken und das Gegenteam als Arschlöcher ausschimpfen. Jung, amüsant, nur: Ließe sich die Geschichte ähnlich erzählen, wäre die Schülerin im spröden Hillary-Clinton-Land auf der Upper West Side gelandet?
Im Biounterricht schreiben wir eine Arbeit über den Urknall. Als Ashlie alle Fragen durchstreicht und dafür die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel hinschreibt, bekommt sie die volle Punktzahl.
##Obama und Ito über die Zukunft der Welt
Egal ob Donald Trump oder Hillary Clinton die anstehende Präsidentschaftswahl gewinnen wird, keiner der beiden wird je die Menge Charisma, Sophistication, Eloquenz und Integrität aufbringen, die Barack Obama die vergangenen acht Jahre ins Weiße Haus brachte. Alleine schon: Was wird aus dem Correspondent’s Dinner? Was wird aus Amerika, aus der Welt? Im August traf der POTUS den Direktor des legendären MIT Media Lab Joi Ito und den Wired-Redakteur Scott Dadich in Washington zum großen Interview. Die Story erscheint in der November-Ausgabe der Wired zum Thema „Frontiers“, bei der Obama sogar als Gastredakteur mitwirkte. Zum Ende nimmt er also noch mal die schönen Dinge mit. Fair enough. Das interessantes Interview behandelt Sujets wie Künstliche Intelligenz, Mobilität, neurale Netze und die Zukunft der Welt. Keine ganz unbedeutenden Themen also. Und Obama beweist hier auch noch mal, was für ein Nerd er eigentlich ist.
This may upset some of my students at MIT, but one of my concerns is that it’s been a predominately male gang of kids, mostly white, who are building the core computer science around AI, and they’re more comfortable talking to computers than to human beings. A lot of them feel that if they could just make that science-fiction, generalized AI, we wouldn’t have to worry about all the messy stuff like politics and society. They think machines will just figure it all out for us. (Joi Ito)
The President in Conversation With MIT’s Joi Ito and WIRED’s Scott Dadich