Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
Der gewöhnliche Rassismus
„Warum nennt man weiße Menschen Expats und alle anderen Migranten?“, fragte sich die Bloggerin Mawuna Remarque Koutonin zurecht, der Guardian hat ihren relativen kurzen Post jetzt zweitveröffentlicht. Warum sich „Expat“ auch in den hiesigen, zumindest den Berliner Sprachgebrauch eingeschlichen hat, ist einigermaßen klar: Man trifft, bewusst oder nicht, eine Unterscheidung. Die einen kommen aus einem sozioökonomisch stabilen Land, einem westlichen, die anderen nicht. Expats, das sind Briten, Australier, Amis, Franzosen. Nicht aber Syrer. Und Spanier? Da kippt es schon.
„If you see those “expats” in Africa, call them immigrants like everyone else. If that hurts their white superiority, they can jump in the air and stay there.“
Why are white people expats when the rest of us are immigrants
Handschrift hat was
Dass die Handschrift auf dem Rückzug ist, ist mit Sicherheit keine Neuigkeit. Wir wissen es ja alle. In Europa fängt man jetzt an die Schreibschrift in der Schule abzuschaffen, dafür kommt das 10-Finger-Schreiben an der Tastatur hinzu. Klar, geht schneller, ist effizienter. Bleibt die Frage: Ist’s besser? Damit hat sich Gordana Mijuk in der Neuen Züricher Zeitung beschäftigt, inkl. aktueller Entwicklungen und Einblick in Studien. Während unserer Redaktionskonferenzen schreibt noch das ganze Team mit der Hand. Doch das scheint längst kein Standard mehr:
„Eine Umfrage bei 2.000 Briten zeigte im vergangenen Juni, dass einer von drei Befragten in den vergangenen sechs Monaten nichts von Hand geschrieben hatte. Im Durchschnitt waren sie 41 Tage ohne Kugelschreiber ausgekommen.“
##The Surrender
Stephen Kim arbeitete lange Zeit als hoch angesehener Geheimdienstexperte für das US-amerikanische Außenministerium. Bis er im Sommer 2010 mit dem Fox-Journalisten James Rosen, darüber sprach, dass Nordkorea weiterhin an nuklearen Waffen arbeiten könnte. Eigentlich kein Geheimnis. Das sah die US-Regierung anders und klagte Kim wegen Spionage und dem unerlaubten Verbreiten geheimer Informationen an. Stephen Kim drohen seither 10-15 Jahre Haft. Wie beim Internet-Aktivisten Aaron Swartz auch, wird man in dieser Geschichte das Gefühl nicht los, als sollte wieder ein Exempel statuiert werden. Eine ausführliche Reportage auf „The Intercept“ schildert die bitter-traurigen Hintergründe, die hierzulande bislang kaum Aufmerksamkeit erhielt. Darüber hinaus wurde ein sehenswerter Film zu dem Fall mit dem Titel „The Surrender“ produziert.
„Call me idealistic or radical but i refuse to play this game that deeply undermines our national security.“
##The Shitphone
John Herrmans iPhone ist kaputt. Dumm gelaufen, denkt sich der Redakteur von The Owl und entscheidet sich gegen ein neues, teures Apple-Gerät und für ein spottbilliges NoName-Telefon. Ein Shitphone. Und berichtet über seine Erfahrungen mit dem Handy in einem lesenswerten Text. Natürlich funktioniert alles, zumindest am Anfang. Doch dann passieren Dinge, die Herrn Herrman irritieren. Bei anderen technischen Geräten setzt er schon seit langer Zeit auf preiswerte Produkte und hat damit gute bis sehr gute Erfahrungen gesammelt. Wenn jedoch das Telefon nicht wie gewohnt funktioniert, dann hat das psychologische Auswirkungen. Zuerst ist da der Neid, dann kommt die Verweigerung gegenüber den Dingen, die einem das Smartphone einst aufzwang. Und dann der Konsum-Reflex. Wenn schon ein Shitphone, dann bitte auch ein gutes.
„iPhones sind auch nichts anderes als Shitphones. Nur kommen sie direkt aus der Zukunft.“