Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind. Und zum Glück abgespeichert wurden.
QAnon-Eltern
In den USA hat die QAnon-Bewegung Millionen von Anhänger*innen und auch nach der Niederlage von Donald Trump ist die rechtsextreme Szene aktiv und viele Kinder haben ihre Eltern unwiederbringlich an diesen Verschwörungskult verloren. Darüber berichtet HuffPost und lässt neun Personen aus sieben US-Staaten im Alter von 19 bis 46 berichten. Wie kann man Eltern deradikalisieren? Eine Frage, die auch hier wichtig ist, weil QAnon weltweit agiert und auch in Europa viel Unterstützung erfährt.
But Sam quickly noticed his mom was spending almost all of her time online. For hours into the night she’d be on Facebook and, later, Parler, obsessing over articles from obscure, ultraconservative websites that traffic in fake news. She’d send posts to Sam pushing political claims that were risibly false, and they’d get into furious arguments over dinner as he tried to debunk them. As his mom grew increasingly irritable and combative, Sam spent more time hiding out in his bedroom. It was disturbing to hear his mother rattling off such brazen and hateful falsehoods, unwilling to listen to reason. She seemed angry all the time and was suddenly gravely concerned about things like pedophilia.
Foo Fighters
Das neue Album der Foo Fighters ist schon ein wenig schmerzhaft. Immer wieder gibt es gute Momente, gerade in den Strophen, die einen neuen, moderneren Sound anklingen lassen, in den Dave Grohl dann aber wieder in klassischer Foo-Fighters-Manier mit fettem Riff und lautem Gesang reingegrätscht. Als würde eine gute Idee sogleich wieder verworfen. Es scheint fast als hätte da jemand Angst vor Veränderung. Angst, dass diese Veränderung einer gigantischen Fanbase nicht gefallen könnte, weil sie das Risiko birgt, deren Erwartungen nicht zu erfüllen. Jeremy D. Larson hat „Medicine at Midnight“ für Pitchfork rezensiert und all diese Gedanken so wunderbar auf den Punkt gebracht. Eine großartige Review von jemandem, der die Band geliebt hat, dem es aber schwer fällt diese Liebe noch aufrecht zu erhalten. Weil da nichts mehr kommt.
Dave Grohl’s lawful-good lifestyle presents an eternal conflict between being unable to hate the guy and being unable to enjoy the music he continues to make.
Robag Wruhme
Unser letztes Gespräch mit Gabor Schablitzki ist über anderthalb Jahre her. Der Techno-Produzent und DJ hat nicht nur mit seiner Musik ewigen Eindruck auf dem Dancefloor hinterlassen, er ist auch einfach ein kluger Kopf, der sich klar und deutlich äußert – zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Für den Kultur-Blog Jena greift Gabor erneut nach den Sternen. Seine musikalische Karriere ist eng mit der Szene dieser ostdeutschen Stadt verknüpft. Hier ging vieles los, hier entschied sich mindestens ebenso vieles. Wie geht das als Techno-Punk kurz nach der Wende? Ein weiteres extrem offenes und vor allem erhellendes Gespräch über eine Jugend zwischen den Systemen – zwischen Nazis und vermeintlicher Hoffnung.
„Nach einem meiner ersten Besuche im Kassablanca wollte ich nach dem Konzert mit meinem Auto wieder nach Hause fahren. Mich hielt eine Polizeistreife an. Es war morgens um 5. Ich sollte einen Alkoholtest machen. Das habe ich getan, und dann meinte der eine Polizist, dass doch mein Scheinwerfer kaputt sei. Ich schaute nach und sagte, nee der ist gar nicht kaputt. Dann trat er ihn kaputt und sagte: doch, der ist kaputt. Ich hatte längere Haare, trug so ein Terror-T-Shirt – Indizien dafür, links zu sein. Das war die Zeit, als der NSU in Ruhe sein Unwesen treiben konnte in Jena, unter anderem eine Kofferbombe fürs Theatercafé baute, obwohl er von verschiedenen Behörden überwacht wurde.“
Dritte Orte
Als Dritte Orte versteht die Soziologie diejenigen, die nach dem Zuhause und dem Arbeitsplatz unser Leben prägen: Cafés und Restaurants zum Beispiel. Nach Monaten des Lockdowns merken viele Menschen, dass ihnen diese Räume in ihrem Leben fehlen (manchen ja selbst das Büro als zweiter Ort). Als Orte der Begegnung, der Kommunikation und des Genusses spielen sie eben doch eine zwar nicht systemrelevante, aber Lebensqualität stiftende Rolle. Auch Ilona Scholl vermisst sie, nicht nur als Gastgeberin eines beliebten Berliner Restaurants, sondern auch als Gästin. In ihrer Kolumne für die ZEIT schreibt sie, was sie fühlt.
Ein Dritter Ort darf einem sehr fehlen. Weil er nämlich ein zweites Wohnzimmer ist. Manchmal trifft man dort seine Wahlfamilie, man erlebt zuverlässig entspannte, fröhliche Abende und angeregte Unterhaltungen. Oder man begegnet Neuem. Sich mit der Hand in dieselbe Bierpfütze am Tresen gestützt zu haben, ist ausgesprochen gemeinschaftsstiftend und taugt sehr ungezwungen zum Konversationsanlass. Man kann sich an diesen Orten überraschen lassen, manchmal sogar von sich selbst. Fällt in eine neue Rolle, die ganz wenig Deckung hat mit denen, die man bei der Arbeit oder in der Familie ausfüllt.