Leseliste 12. Mai 2019 – andere Medien, andere ThemenKühnert-Replik, Generation Z auf Instagram, arme Menschen sterben früher und Markthallen-Aldi

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

kevin kuehnert replik leseliste

© Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), Original.

Kühnert-Replik

Nun ist es ein paar Tage her, dass Kevin Kühnert mit seinen „Thesen zum Sozialismus“ und dem „Ruf nach“ der BMW-Vergesellschaftung für Wirbel gesorgt hat. Man könnte das als seine Aufgabe qua Amtes betrachten, immerhin ist Kühnert der Chef der „Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD“. Die deutsche Politik sah das zum Großteil anders und reagierte gelinde gesagt mit peinlichen Äußerungen, deren Gipfel wohl der Wunsch eines Parteiausschlussverfahrens darstellen dürfte. Peinlich fanden das aber auch nicht wenige Liberale, die Kühnert gern guten Argumenten begegnen würden, statt mit substanzloser Hysterie. Aber jetzt, wo der Lautstärkepegel etwas sinkt, meldet sich die argumentativ versierte Gegenseite (sowohl in der Zeit, als auch im Handelsblatt) zu Wort. Und man sollte zumindest mal hinhören.

„Wer die Marktwirtschaft verteidigen will, der sollte die Systemfrage nicht ablehnen, sondern sie im Sinne der Marktwirtschaft selbstbewusst beantworten. Argumente gibt es zuhauf.“

Die Marktwirtschaft ist nicht das Problem
Sanierungsfall Kapitalismus

Generation Z auf Instagram

Auf Wiedersehen, Avocado-Toasts, pinke Wände, Sonnenuntergänge, Filterparaden und gestagte Insta-Fotografie? Diesem Artikel zufolge geht der Trend zurück bzw. hin zu „authentischen“, ungeschönten Bildwelten. Denn die Nachfolger der Millennials, die Generation Z, grenzt sich wie jede Generation ab und tut dies „auf Insta“ ohne Schminke, ohne Farbfilter, externe Beleuchtung und sogar direkt von der Handykamera. Führende Gen-Z-Influencer treiben die neue Bildästhetik voran: Bei gesponserten Posts sind so genannte „empties“, das sind tatsächlich verwendete und geleerte Kosmetiktuben, der dernier cri. Und führende, Influencer beauftragende Agenturen wissen längst, dass sie mit der Millennial-Ästhetik bei den neuen Konsumenten keinen Blumentopf mehr gewinnen. Was wir lernen: Das neue Echt ist nicht weniger konstruiert als das alte.

“We’ve all participated in those staged photos. We all know the stress and anxiety it takes. And we can see through it. Culture is a pendulum, and the pendulum is swaying. That’s not to say everyone is going to stop posting perfect photos. But the energy is shifting.”

The Instagram Aesthetic Is Over

Arme Menschen sterben früher

Überraschend ist das Fazit der Untersuchung »„Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung in Deutschland“ des Berliner Robert-Koch-Instituts nicht – immerhin hat man es nun aber schwarz auf weiß: Wer arm ist, stirbt früher in Deutschland. Die Zahlen der Studie, die die Jahre 1992 - 2015 in den Blick nimmt, sprechen eine klare Sprache. Gemessen am Durchschnittsalter sterben Männer fast neun Jahre früher, Frauen fast vier. Und bei früheren Todesfällen sieht die Situation genauso aus. Die Ursachen liegen im Gesundheitssystem. Wer arm ist, geht seltener zum Arzt, spart sich die Kosten für wichtige, aber kostenpflichtige Untersuchungen, oder werden einfach schlechter behandelt. Die gesamtgesellschaftliche Schere geht dabei weiter auseinander. Ja, wir werden immer älter. Aber dieses Wir betrifft nur die, die finanziell abgesichert sind. Eine Analyse von Alexandra Gehrhardt.

„Viele kümmern sich nicht so sehr um ihre Erkrankung, wenn sie andere Probleme haben.“

Wer wenig hat, ist früher tot

Markthallen-Aldi

Der Aldi in der Markthalle 9 in Kreuzberg hat es zum landesweiten Ruhm geschafft. So wie die Gentrifizierung überall auf der Welt seltsame Blüten treibt so auch in Berlin. Denn der Aldi ist zum Symbol der Verdrängten im dem gehypten und heute fast unbezahlbaren Kiez geworden. Die Markthalle zugleich zum Instagram-Tempel und Symptom wie vermeintliche Ursache für die komplizierte Gemengelage. Auch die Kommentarspalte in diesem Zeit-Artikel zeigt: So richtig entspannt ist Lage noch immer nicht.

„Applaus für Aldi. Absurd. Das empfanden auch manche Demonstranten so. Denn natürlich waren sie nicht eigentlich da, um einen Aldi zu retten. Ein milliardenschweres Unternehmen mit mehr als 4.000 Geschäften allein in Deutschland braucht keinen Zuspruch von der Straße. Die Demonstranten waren da, um das, was danach kommt, zu verhindern: die weitere Verdrängung. Die Markthalle Neun gilt als Gentrifizierungsmotor in einem Kiez, in dem mehr als ein Viertel der Menschen von staatlichen Transferleistungen abhängig ist.“

Aldi 36

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Synkro, Holly Herndon und Kedr Livanskiy

Gegen das MonopolDas Start-up Alpengummi denkt das Kaugummi neu