Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind. Und zum Glück abgespeichert wurden.
Belarus
Der belarussische Punk-Musiker Igor Bancer ist politischer Gefangener in seinem Land und soll nun in eine Strafkolonie kommen. Der Grund für seine Verhaftung soll eine Tanzperformance gewesen sein, die er vor einem Polizeiauto abhielt. Der Frontmann der Band Mister X spricht im Interview mit der taz über seine Gefangenschaft und die wachsenden Proteste in seinem Land, die seit der Verhaftung des Journalisten Roman Protassewitsch auch international für Spannungen sorgen.
Wir steuern auf ein faschistisches Regime und einen Polizeistaat zu, alle sehen es kommen, selbst Unterstützter*innen von Lukaschenko. Anspannung und Phobie – das sind zwei wichtige Worte, um die Stimmung in Belarus momentan zu beschreiben.
Jugend
Wie sieht es derzeit bei der Jugend eigentlich aus? Die jungen Menschen, Schüler:innen, Studierende, die nach anderthalb Jahren Online-Unterricht, mangelnden sozialen Kontakten und wenig rosigen Zukunftsaussichten nun auch noch die Welt vor der Klimakatastrophe retten müssen und die Rente der Boomer absichern? Es herrscht Frustration und in Teilen findet eine Radikalisierung statt. Kapitalismuskritik wird von der jungen Generation Z stärker denn je formuliert.
Die Generation Z wusste vorher schon, dass sie ärmer sein wird als die Generation ihrer Eltern, ihre späten Millenial-Geschwister haben diese Lektion bereits nach der Krise 2008 gelernt. Aber die Zukunft – so dröge sie auch für die Generation aussah, die 2011 die Plätze besetzt hat – schien wenigstens einen dualen und klaren Kampf zu versprechen: gegen Rassismus, Sexismus, Sparpolitik und Klimaleugnung.
Osten
Die Wahlen in Sachsen-Anhalt haben wieder gezeigt, dass der mediale Umgang mit „dem Osten“ auch nach über 30 Jahren Einheit noch immer sehr undifferenziert ist. Wird in Talkshows über die AfD und deren Erfolg diskutiert, machen das in der Regel Wessis. Anne Haeming fordert Journalist:innen auf, die Augen zu öffnen und Haltung zu beweisen.
Obendrein unübersehbar und unüberhörbar: die westdeutsche Tendenz, bei ostdeutschen Angelegenheiten zu denken, ach ist doch wurscht, Pi mal Daumen muss reichen. Da waren all die, die „Maaagdeburg“ sagten statt „Mackdeburg“. Und für die meisten Moderatorinnen wie Reporter schien es zu viel verlangt, den Nachnamen eines seit zehn Jahren in Sachsen-Anhalt regierenden Ministerpräsidenten korrekt auszusprechen (nein, da ist kein Baywatch-H in der zweiten Silbe).
Verzeihung, liebe Kolleg:innen, aber: Haben Sie in den vergangenen Jahren unter einem Stein gelebt?
Verschwörungen
Die Ära der Pandemie ist auch eine Ära der Verschwörungsideologien. Forscher an der Uni Münster haben das Phänomen international erforscht. Gibt es Gemeinsamkeiten und gibt es Unterschiede? So fand das Forscherteam heraus, dass beispielsweise in Polen solche Narrative weniger zu Misstrauen in die eigene Regierung führt, als beispielsweise in Deutschland oder Jordanien.
„Das Ausmaß an Verschwörungsglauben ist in religiös geprägten Gesellschaften wie Polen und Jordanien höher als in eher säkular geprägten Ländern wie Deutschland“, schreiben die Forscher – als ein Ergebnis ihres Ländervergleichs, für den sie in Deutschland, Polen und Jordanien insgesamt 4400 Menschen befragten. Zugleich sei in Deutschland und Polen „die Neigung zu Verschwörungstheorien unter Personen mit autoritären Einstellungen stärker verbreitet“. Sie sei auch höher in Regionen, in denen Menschen über Generationen tatsächlich politische Verschwörungen erfuhren – zum Beispiel in Jordanien und der ganzen arabischen Welt.
Forscher: „Es reicht nicht, Verschwörungstheoretiker als Spinner abzutun“