Leseliste 10. Februar 2019 – andere Medien, andere ThemenProblem Fliegen, Berlin Hate, Nick Cave und der Joy-Division-Pulsar

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Problem Fliegen

Viel fliegen ist für viele von uns ein Statussymbol. Man ist gefragt, man kommt rum. DJs, Influencer, Geschäftsleute, die mit innerdeutschen Flügen den Himmel verstopfen, auch Journalisten, die unnötige Pressereisen antreten, nur weil alle bloß ihren Milage-Status nicht verlieren dürfen. Susanne Götze analysiert für den Freitag die Gemengelage und stellt fest, dass einer der größten Klimakiller Produkt einer sehr kleinen privilegierten Elite ist.

„Die Emissionen durch den Flugverkehr sind ja auch deshalb relativ niedrig, weil die Zahl derjenigen, die sich häufiges oder langes Fliegen überhaupt leisten können, klein ist. „Es gibt eine Klasse von Vielfliegern, die unser Klima mit ihren Aktivitäten zerstört – diese Leute müssen ihr Verhalten ändern“, schimpft Gößling. Eine besonders perverse Form seien die „Mileage Runs“ – also jene Flüge, die Kunden nur machen würden, um ihren Status als Vielflieger zu erhalten und damit Vergünstigungen zu bekommen. Doch Vielfliegerei liegt im Trend. Für diese Kunden ist Fliegen so normal wie für andere das Bus- oder Fahrradfahren. Auch deshalb steigt der Klimaschaden durch den Flugverkehr jedes Jahr, statt abzunehmen.“

Hört endlich auf zu fliegen

Berlin, I hate you

Eine Stadt geht durch die Film- bzw. Serienlandschaft: „Babylon Berlin“, „Dogs of Berlin“, „Berlin, I Love You“, „Berlin Bouncer“, „Berlin Station“ und dann ist da ja noch „Beat“. Es ist die fortwährende Abhandlung eines maßlos überzeichneten Großstadtklischees. Es nervt. Für alle Genervten hat Antonia Baum in der ZEIT diesen ziemlich lesenswerten und witzigen Text verfasst.

„Gar nichts ist möglich, brüllt da das blasierte Hauptstadt-Arschloch, das den Trailer in seiner Wohnung gesehen hat, die es nicht mehr verlässt, und läuft augenblicklich Gefahr, ein weiteres Klischee zu erfüllen, indem es einen Berlin-Hass-Text zu verfassen überlegt.“

Wer hat sich das bloß ausgedacht?

Menschliche Begrenztheit

Nick Cave ist ein guter Musiker und ein kluger Mann. Dass er sich jedoch mit der KI auseinandersetzt, überrascht ein wenig – das will nicht so recht in seinen musikalischen, handgemachten Kosmos passen. Mit einem pointierten Text auf seinem Blog, wo er nichts anderes tut, als Fragen seiner Fans offen und ehrlich mit literarischem Verve zu beantworten, wischt er dieses Klischee dankenswerter Weise vom Tisch. Kann KI Musik machen? Werden Musiker*innen überflüssig? Ja. Und nein. Ein Algorithmus könnte durchaus einen Song schreiben, der genauso funktioniert wie „Smells Like Teen Spirit“ – und das wäre ok. Aber eben nicht genug. Denn:

„What we are actually listening to is human limitation and the audacity to transcend it.“

Considering human imagination the last piece of wilderness, do you think AI will ever be able to write a good song?

Der Pop-Pulsar

Nach der Rewind-Ausgabe über das Debütalbum von Joy Division kam in der Redaktion die Diskussion auf: Wie war das noch mal mit dem Cover (das auch unzählige Shirts und Jutebeutel ziert)? Was hat es mit den Hügelchen und Linien auf sich? Auflösung: Es ist die Visualisierung von Radiopulsen des Pulsars (Neutronensterns) PSR B1919+21. Dem ersten, der überhaupt entdeckt wurde, 1967 von der Astronomin Jocelyn Bell. Diese Kreaturen des Alls geben einen sehr akkuraten, kontinuierlichen Puls ab – taktgenau, sehr musikalisch. Kein Wunder, dass die Abbildung aus der Cambridge Encyclopedia of Astronomy dem Joy-Division-Schlagzeuger Stephen Morris gefiel. Aber wieso diese Art der Visualisierung, wie kam es dazu und was war das überhaupt für eine Zeit, in der die Astronomen sich auf die Suche nach kosmischen Phänomenen machten? Den Hintergrund gibt es in diesem Beitrag.

Pop Culture Pulsar: Origin Story of Joy Division’s Unknown Pleasures Album Cover

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Jessica Pratt, The Specials und Corey Fuller

Soldaten im NebelBerlinale 2019: „Monos“ von Alejandro Landes