Leseliste 07. Mai 2017 – andere Medien, andere ThemenEiszeit-Viren, Pop-Plagiate, Facebooks Instant Articles versagen und der größte Festival-Fail ever

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Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

Viren aus der Eiszeit

Der Klimawandel bereitet den meisten Menschen außerhalb des Weißen Hauses durchaus Sorgen. Schmelzende Pole, Unwetter, Dürre, Meeresspiegel und überhaupt: Nicht gut, so viel ist sicher! Was man bisher noch gar nicht auf dem Schirm hatte: Eingeschlossen im Eis verharren Bakterien und Viren aus der Vergangenheit, bereit zu neuer Aktivität, sobald die Temperatur es wieder zulässt. In der russischen Tundra passiert(e) es bereits. Die BBC fasst Studien und Erkenntnisse der jüngeren Vergangenheit zusammen und stellt dar, was uns bevorstehen könnte. Eine bisher ungeahnte Perspektive auf den Climate Change:

„In a 2011 study scientists extracted DNA from bacteria found in 30,000-year-old permafrost in the Beringian region between Russia and Canada. They found genes encoding resistance to beta-lactam, tetracycline and glycopeptide antibiotics.“

There are diseases hidden in the ice, and they are waking up

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Foto: MakaiylaW IMG_8060-2 via photopin (license)

Pop-Plagiate

Die Tonleiter hat bekanntlich zwölf Töne. Dass sich dabei Melodien wiederholen und ähnliche Tonkombinationen auftauchen, sollte jedem klar sein. Immerhin gibt es heute Abermillionen Popsongs, die im Laufe der letzten sieben Jahrzehnte angesammelt wurden, da kann nicht alles immer wieder neu sein. Heutige Künstler stehen immer häufiger im Verdacht, Songideen geklaut zu haben. Ed Sheeran, Robin Thicke, Mark Ronson, sie alle haben Prozesse gegen vermeintliche Urheber verloren und mussten teils Millionen zahlen. Aber ist die Musik und ihr Erfinderreichtum vielleicht nicht sogar schon seit Schönberg erschöpft? Und worum geht es hier eigentlich? Faulheit, Kalkül, Unvermögen? Dieser Frage geht Peter Robinson für den Guardian nach.

„It is not just about Sheeran. Whether it is Mark Ronson adding Oops Upside Your Head’s writers to Uptown Funk or a shift in the law allowing for a case against Led Zeppelin’s Stairway to Heaven (which the band won), alleged musical kleptomania seems more heavily patrolled than ever. There are many questions here. Are songwriters increasingly lazy, or arrogant, or simply incompetent – or are they being unfairly chastised for a warm homage to the music they, and we, grew up with?“

Has pop finally run out of tunes?

Facebook Instant Articles LL

Foto: Facebook

Instant Articles Fail

Online – so ist immer wieder zu hören – kann man mit seriösem Journalismus kein Geld verdienen. Da ist einerseits viel dran, andererseits aber gibt es zahlreiche Beispiele, die diese These widerlegen. Dass sich die Medienlandschaft immer noch dramatisch verändert, bezweifelt hingegen niemand. Immer wieder im Fokus: Facebook, die Plattform, die für viele mittlerweile faktisch das ist, was früher das Internet genannt wurde. Mit den „Instant Articles“ wollte das Team von Mark Zuckerberg das ändern und für die „alten“ Medien im Sozialen Netzwerk Mittel und Wege bereitstellen, um mehr Reichweite zu generieren. Dahinter verbirgt sich schlicht ein kleiner Software-Werkzeugkasten, in dem Artikel hübsch aufbereitet und automatisch geladen werden: instant eben. Zwei Jahre später kräht kaum noch ein Hahn danach. Viele Verlage haben sich bereits aus dem Programm verabschiedet. Der Grund: Geld lässt sich hier nicht verdienen. Auch wenn Facebook mehrmals nachgebessert hat, liegen die Prioritäten des Unternehmens mittlerweile ganz woanders. Text verbunden mit Links auf externe Seiten spielen für Facebook keine Rolle mehr und werden im Newsfeed nicht priorisiert. Folgt man der Recherche von Casey Newton, war das Scheiterns des Projekts für Verlage von Beginn an gewollt und so angelegt. Erst ködern, dann ignorieren. Die Online-Welt dreht sich eben zu schnell für alte Medien.

„Given Facebook’s other priorities, the future of Instant Articles is less certain than ever.“

Instant Recall

Fyreabend

Das „Secrets Festival“ 2015 war der größte Festival-Fail des Jahres: Kein Timetable, Standard-Jurten statt exklusivem Glamping, viele Bands kamen gar nicht erst. Nicht weiter dramatisch, das Wetter war gut und Brand Brauer Frick spielten trotzdem. Das „Fyre Festival“ 2017 ist vielleicht der größte Festival-Fail aller Zeiten. Es sollte das ganz große Festivalding werden, auf den Bahamas sollten die Rich-Kid-Millennials, A-Influencer und Premium-Models beim „Fyre Festival“, mitgegründet von Rapper Ja Rule, die Party ihres Lebens feiern. Und dafür Preise von 1.000 bis 125.000 US-Dollar zahlen. Es ging in die Hose, ein organisatorisches Komplett-Chaos: nicht genug Wasser, kaum Essen statt Gourmet-Food, verschwundenes Gepäck, kein Platz zum Zelten, kein gar nichts. Musik sowieso nicht, das Festival konnte gar nicht erst beginnen. Ein Alptraum im Paradies. Eine Mitarbeiterin, als „talent producer“ engagiert, schreibt, warum das Scheitern vorprogrammiert war – und gibt einen Einblick ins organisatorische Versagen in den Wochen weit vor Festivalbeginn.

„Planners also warned that it would be not be up to the standard they had advertised. The best idea, they said, would be to roll everyone’s tickets over to 2018 and start planning for the next year immediately. They had a meeting with the Fyre execs to deliver the news. A guy from the marketing team said, “Let’s just do it and be legends, man.”“

I worked at Fyre Festival. It was always going to be a disaster

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Slowdive, Tied & Tickled Trio und Nuage

Schnapsideen – Erfindergeist im 21. JahrhundertDiesmal: Ordercube, Juicero und Kukki