Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Wenn Reviews weh tun
Natürlich lesen Musikerinnen und Musiker das, was man über sie schreibt. Können sie noch so oft abstreiten. Aber was passiert, wenn genau diese Reviews so vernichtend sind, dass der von den Rezensenten ausgekippte Hass faktische Folgen für die Karriere hat? Armos Barshad hat versucht, diesem Phänomen auf den Grund zu gehen. Dazu hat er sich einige Besprechungen von Pitchfork herausgegriffen, ganz konkret aus der Zeit, als diese Reviews noch von allen Musikfans weltweit verschlungen wurden. Was Pitchfork schrieb, galt. Und wenn dann null Punkte vergeben wurden oder ein sinnbildliches Foto den Text ersetzte, stand die Welt Kopf. Keine ganz einfache Recherche, denn offenbar sitzt der Schmerz noch heute tief.
„So was it pretty dramatic?” I asked.
„I wouldn’t say it was traumatic,” he laughed. He’d misheard me. It felt appropriate.
Auf ewiger Suche nach dem Fansein
Jason ist zwölf Jahre alt und Autist. Mit seinem Papa bereist er die Welt des Fußballs, besucht Stadien, schaut sich Spiele an. Denn Jason sucht nach einer Mannschaft deren Fan er werden kann. Die Emotionen für einen bestimmten Club, die andere aufgrund dank frühester Fußballsozialisation schon in frühen Jahren empfinden, sind ihm fremd. Fantum ist für ihn eine rationale Entscheidung, und um sie treffen zu können, muss er Spiele aller infrage kommenden Mannschaften im jeweiligen Stadion gesehen haben. Eine ganz wunderbare, bewegende Geschichte über eine nicht ganz alltägliche Vater-Sohn-Aktivität im doch eigentlich ganz alltäglichen Vater-Sohn-Kontext des Fußballs. Außerdem führen die beiden noch einen Blog samt zugehörigem Podcast.
„Während des Spiels sammeln sich unter den Sitzen der ersten Reihe leere Chipstüten, zerfledderte Pappbecher und so viel Plastik, dass Jason mit der Fußspitze darin rühren kann wie in einem See. Schnell wird klar, dass Celtic deshalb nicht sein Verein werden kann. "Zu viel Müll", sagt er in der 28. Minute“
So schiebt Bayern ab
Eigentlich sollten auf dem Gelände der Warner Barracks in Bamberg, von dem 2014 die letzten US-Soldaten nach 70 Jahren Stationierung abzogen, Familienwohnungen entstehen. Jetzt setzt Bayern hier die angekündigte schnelle Asylverfahrenspraxis um. Hinter den Zäunen leben die Bewerber eingepfercht auf engstem Raum. „Transitzentrum“ ist der offizielle Begriff für diesen lagerähnlichen Ort, in dem sich 20 Personen beiderlei Geschlechts ein Bad teilen, in dem die Dusche nicht funktioniert, in dem es täglich das gleiche Essen gibt, außer ein Journalist hat sich angekündigt. In diesem Falle Christian Jakob, auch Autor des Buchs „Die Bleibenden“: Beschrieb er dort noch die Kraft des Faktischen – die positive Veränderung eines Deutschlands durch viele Migranten –, beschreibt er nach seinem Besuch hier, wie Menschen warten, hoffen, darben, um dann in nächtlichen Abholaktionen der Polizei zu verschwinden.
„Um drei Uhr nachts klopfen sie an der Tür“, sagt Amos. „Alle müssen aufstehen, sich in einer Reihe aufstellen, ihre Ausweise vorzeigen. Dann nehmen sie einen oder zwei mit. Am nächsten Tag sind Neue da, als wäre nichts gewesen“, sagt Amos.
Japanification
Matt Alt denkt in diesem längeren Lesestück im New Yorker darüber nach, wie groß Japans Einfluss auf die westliche (und im Speziellen die amerikanische) Kultur sei. Denn Japan lebe schon immer »unsere« Zukunft, vor einigen Jahrzehnten noch eher in Form von flashy Alltagsgadgets wie Roboter-Sushibars, sprechenden Toiletten oder Hightech-Handys. Die heutige, japanische Zukunftsvision zeige sich eher in der überalternden Gesellschaft, sinkenden Geburtenraten und den postmateriellen Idealen. Weniger ist mehr. Und natürlich der andauernde signifikante, popkulturelle Einfluss:
„Japan made itself rich in its industrial era by selling things like cars, TVs, and VCRs, but it made itself loved in those Lost Decades by selling fantasies. Hello Kitty, comics, anime, and Nintendo games were the first wave […]. Now those childhood dreams haven given way to a more sophisticated vision of a Japanese life style, exemplified in the detached cool of Haruki Murakami novels, the defiantly girly pink feminism of kawaii culture, the stripped-down simplicity of Uniqlo, the “unbranded” products of Muji, and the Japanese “life-changing magic” of Marie Kondo.“