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Schweiz
Gerade mal seit 1971 dürfen in der Schweiz Frauen zur Wahl. Das stets um Unabhängigkeit bemühte Land rühmt sich eine der ältesten Demokratien der Welt zu sein. Aber wie sieht es mit Gleichberechtigung in der Schweiz aus? Samiha Shafy berichtet für die Zeit.
Ein 50-jähriges Jubiläum sei ja eigentlich ein Grund zum Feiern, sagt die Zürcher Historikerin Elisabeth Joris, "aber wenn man darüber nachdenkt, ist es eher eine Trauergeschichte". Joris, 1946 in Visp im Kanton Wallis geboren, hat den langen Kampf der Schweizerinnen um Gleichberechtigung erlebt und selber mitgekämpft. Den ersten großen Frauenstreik, 1969 vor dem Bundeshaus in Bern, verpasste sie, aber in den Jahren danach half sie, landesweite Kundgebungen zu organisieren. Zuletzt war sie im Juni 2019 dabei, als mehr als eine halbe Million Schweizerinnen und Schweizer auf die Straße gingen, für "mehr Respekt, mehr Lohn, mehr Zeit".
Sich richtig ärgern
Die einen werden bei Ärger laut, andere hingegen leise. Doch gerne ärgert sich niemand. Ryan Martin ist Professor für Psychologie und forscht zum Thema Ärger. Sein Text hilft dabei, die Emotion zu verstehen, besser damit umzugehen und ganz vielleicht sogar einen positiven Nutzen daraus zu ziehen. Was er schreibt klingt sehr klingt einleuchtend, geradezu simpel. Doch das ist die tatsächliche innere Auseinandersetzung mit dem eigenen Ärgern mitnichten.
People often attribute their anger directly to external events: ‘I got mad because of the traffic.’ ‘When my boss undermined me, it made me so mad.’ In fact, a better explanation is that anger emerges from three interacting factors: a provocation, the person’s interpretation of the provocation, and their mood at the time.
Bodyshaming
In ihrer Kolumne für die Vogue schreibt Lisa Ludwig sehr persönlich über das Thema Übergewicht. Darüber wie es ihr damit, geht wenn jetzt – in Zeiten von Jahreswechsel und Lockdown – im Bekannten- und Freundeskreis über das Abnehmen gesprochen, geschrieben und geinstagramt wird. Darüber wie es andere ihr bewusst oder unbewusst seit jeher schwer machen, kein Problem mit dem eigenen Körper zu haben. Ein Text der weh tut.
Sogar Verwandte erzählten sich hinter vorgehaltener Hand, dass ich ja “so ein schönes Kind” war, dass ich aussah “wie eine Puppe”. So klug, so schön, und alles, was davon übrig geblieben ist, ist eine dicke, depressive Frau, die sich im Internet darüber beschwert, wie gemein die Welt ist. Mein Leben, die große Enttäuschung für alle anderen. Ich denke sehr oft darüber nach, was ich hätte werden können, wenn ich anders aussähe. Vielleicht sogar glücklich.
Talkshow-Rassismus
Vier Weißbrote plaudern in einer Talkshow über Rassismus: Finde den Fehler. Was in der WDR-Talkshow „Die Letzte Instanz“ passiert ist (u. a. hat sich Thomas Gottschalk hier dazu hinreißen lassen, zu sagen, als Jimi Hendrix angemalt auf ner Party zu stehen, habe er besser verstanden, was es bedeutet, Schwarz zu sein), hat für Michel Abdollahi nicht nur ein inhaltliches, sondern auch ein strukturelles Problem. Wer spricht? Auf diese Frage – nämlich Menschen, die tatsächlich davon betroffen und Expert*innen sind – finden zu wenig Formate die richtige Antwort. Abdollahi schlägt Gäste vor, die man alternativ hätte einladen und dazu befragen können. Vielleicht hätten dann weniger Menschen eingeschaltet oder die Sendung wäre auf 3sat gelaufen. Aber wenigstens wäre es vielleicht eine gute Sendung geworden. Wer den Text nicht lesen will: Das Video oben ist fast noch besser.
Noch gemütlicher ist es aber natürlich, die Betroffenen einfach vom Gespräch auszuschließen. Dann werden Micky Beisenherz, Jürgen Milski, Janine Kunze und Thomas Gottschalk auch nicht dabei gestört, wenn sie genau solche Erfahrungen relativieren und die Forderungen der Betroffenen ins Lächerliche ziehen.
Rassismus in Talkshows: Eine Entschuldigung reicht nicht mehr aus