Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
China: Quantified Society
Big Data und das Reich der Mitte: Hier und dort hat man vielleicht schon gehört, vom neuen Punktesystem der Chinesen. Ein Punktesystem, in das jede Handlung als Bürger der Volksrepublik einsortiert wird: Geld spenden? Gut fürs Punktekonto. Strafzettel? Eher schlecht. Steuern nicht bezahlt? Autsch. China möchte den guten Bürger erziehen, indem es für Pluspunkte im bürgerlichen Leben belohnt – und für Abzüge bestraft. Je nach Punktekonto muss man zum Beispiel keine Kaution für Buchausleihe zahlen. Oder noch besser: Man bekommt viel leichter einen Job. Oder man bekommt eben keinen, darf nicht per Schnellzug reisen und kann kein Auto mieten. Es geht um die totale, selbtverwaltete und gegenseitige Überwachung mittels Big Data. Shanghai hat die zugehörige App nun eingeführt, sie heißt „Ehrliches Shanghai“, auch andernorts gibt es Pilotprojekte. Diese spannende Reportage berichtet ausführlich.
„Ein schwarzer Spiegel für unsere Demokratien, wo manche Konzerne und Behörden ihre eigenen Big-Data-Träume träumen. Und eine Verlockung für andere: «Chinas IT-unterstützter Autoritarismus», prophezeit die Berliner Denkfabrik Merics, «wird zum Vorbild und Technologielieferanten für andere autoritäre Länder werden.»“
Der neue Sgt. Pepper
Pünktlich zum 50. Veröffentlichungs-Geburtstag ist in der vergangenen Woche Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band der Beatles neu erschienen. Mal wieder könnte man nun denken, und das stimmt auch: gefühlte 25 Remasters und Special-Editions später jedoch hat Giles Martin – der Sohn des damaligen Produzenten George Martin – in den Londoner Abbey Road Studios, also am Ort des Geschehens, ein Experiment gewagt, das sich lohnen könnte. Erstmals wurde die Neubearbeitung mit den Original-Bändern des Mono-Mixes erstellt. Alle anderen Remasters, so ist zu lesen, wurden mit Kopien dieser Tapes gemacht. Das ist keine Katastrophe. Wer aber alt genug ist, um sich daran zu erinnern, wie es früher war mit dem Kopieren von Kassetten, weiß um den subtilen Qualitätsverlust der Kopie der Kopie der Kopie der Kopie. Der Mono-Mix als Ausgangspunkt war wichtig, sagt Martin. Denn die Stereo-Version des Albums war der Band damals komplett egal und wurde noch nicht mal gegengehört. Die Aufgabe 2017: den deutlich klareren Sound der Original-Bänder so aufzubereiten, dass „Lucy In The Sky With Diamonds“ so prägnant kickt wie Kendrick Lamar. Und dabei eben nicht in die Loudness-Falle zu tappen. Geholfen haben handschriftliche Notizen auf den Band-Kartons. Aber auch das Input von McCartney und die Verwendung der Bandmaschinen, die schon 1967 zum Einsatz kamen. Ob es geholfen hat? Das mögen Hardcore-Fans entscheiden. Das Filter hat das Album bereits in der Originalversion besprochen.
„I think in the tradition of the Beatles and what my father did 50 years ago, the thing is to have no bias toward technology. The thing about a record like this is, it’s actually them making the record. It’s not technology. The sounds on it are really good.”
How The Beatles’ “Sgt. Pepper” Was Retooled To Sound Fresh 50 Years Later
Keyboard-Fanatiker
Die meisten von uns haben täglich mit Computer-Tastaturen zu tun. So wirklich Gedanken darüber machen sich aber die wenigsten. Hauptsache sie funktionieren. Dabei hat das Keyboard eine lange Geschichte. Beginnend bei den ersten Schreibmaschinen, bis hin zu modernen Touchscreens heutiger Zeit. Darüberhinaus gibt es weltweit eine ausgewachsene Bastler-Szene, die sich intensiv mit Keyboards auseinandersetzt, eigene Konzepte erstellt und sogar eigene Stars hervorgebracht hat. Einer von ihnen ist Jacob Alexander. Die Journalistin Alex Cranz portraitiert für Gizmodo diese nerdige Szene, die trotz AI und Sprachassistenten wie Alexa und Siri weiterhin fest an die gute alte Tastatur glaubt.
“Have you talked to Jacob?” “No,” I tell them, citing the big crowd. But I’m going to talk with him. Jacob Alexander is the man I’ve flown across the continent to meet. In the world of keyboards fans, Alexander, known as Haata on message boards, is king, a community legend online and off. He’s one of the leaders of a new breed of innovators hoping to revolutionize typing.
Key Crazy | Inside the world of the wonderful world of keyboard fanatics
##Sterbende Ozeane
Die Weltmeere leiden massiv unter dem Menschen, das ist bekannt. Aber warum eigentlich? Dieser Text kommt mit interessanten Begründungen daher: Weil sie so weit weg sind und quasi unsichtbar, man nur einen kleinen Teil – bis zum Horizont – oberflächlich von ihnen sieht und sie unter Wasser bis heute ein unbekanntes Terrain sind, in dem sogar in unserer Gegenwart große Flugzeuge einfach verschwinden. Und: Weil sie ein Paradebeispiel für die Tragik der Allmende sind. Die Wiese gehört uns allen, also gewinnen kurzfristig die Schafe, die am frühesten und meisten von ihr grasen. Immer weniger Gras ist jedoch da, mittelfristig verlieren wir alle. Dafür schwimmt und schwebt im Wasser umso mehr Plastik, um 2050 vermutlich sogar mehr als Fisch. Das Meer sichtbar zu machen, ist dringend notwendig.
Mankind is increasingly able to see the damage it is doing to the ocean. Whether it can stop it is another question.