Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.
Wundheilung
Es gibt Wunden, die schnell heilen, und auch solche, die sich einfach nicht schließen wollen. Die Behandlung dieser offenen Stellen am Körper ist zeitintensiv, teuer und für die Patienten mit unvorstellbaren Schmerzen verbunden. So forscht die Medizin schon seit langer Zeit daran, wie man den Heilungsprozess solch chronischer Wunden beschleunigen kann, auch mit Materialen, denen man zunächst vielleicht gar keinen wirksamen Effekt zuschreiben würde, und die man noch viel weniger als Verbandsstoff auf den Körper aufbringen möchte: Tierhaut. Klinische Tests belegen die positive Wirkung. Doch die Herstellung ist teuer und der Effekt zwar positiv, aber noch nicht ideal. Aus Island scheint die Lösung zu kommen: Fisch. Im Norden des Landes leitet Fertram Sigurjonsson das Unternehmen Kerecis, das Wundpflaster aus Fischhaut herstellt. Auch hier ist das Verfahren aufwendig und teuer, doch dank der Omega-3-Fettsäuren ist die Wirkung um ein Vielfaches größer. Die Zulassung der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde liegt bereits vor. Ein Gramm Fischhaut, sagt Sigurjonsson, ist nach dem Veredelungsprozess wertvoller als ein Gramm Gold. Interesse kommt nicht nur aus den Gesundheitssystemen, sondern vor allem auch vom Militär.
„Was viel hilft, darf auch ein bisschen nach Fisch riechen.“
Die letzten Tage des Travis Kalanick als Uber-Chef
Der mittlerweile gegangene CEO des umstrittenen Unicorns Uber Travis Kalanick war eine Art Rockstar der Tech-Branche. Betont laut, asi, chauvi. Er hatte alles, was man mit Leuten verbindet, die ihre Eier gerne auf einer Schubkarre durch die Gegend schieben würden. Aber Travis Kalanick hat es irgendwie auch geschafft, ein internationales, disruptives Business aufzuziehen, das im Frühjahr 2017 noch mit 69 Milliarden Dollar bewertet wurde. Aber die Vorwürfe über Sexismus und anachronistische Leader-Strukturen innerhalb des Mobilitätsunternehmens wurden in diesem Jahr immer lauter, was die Investoren nervös machte und somit Kalanick letztendlich aus der eigenen Firma heraus bugsiert wurde. Der Reporter Mike Isaac beschreibt für die New York Times die letzten Tage von Kalanick bei Uber. Wie er rausgeschmissen wurde
For Mr. Kalanick, the resignation represented a fall from grace. He had transformed the global transportation industry with Uber’s ride-hailing service and pushed the company’s value to nearly $70 billion, making it the most highly valued privately held start-up in the world. At times, he had been hailed as a tech visionary.
Das Ende des Sozialstaats
Dieses Essay erzählt die Geschichte vom Ende dessen, was die soziale Marktwirtschaft mal ausgemacht hat, in einfachen Worten und aus persönlicher Sicht, als Familiengeschichte. Der Vater haute aus der DDR ab, malochte im Westen, konnte sich und seiner Familie als Arbeiter eine bescheidene Mittelschichtsexistenz aufbauen mit Dänemarkurlaub. Das alles, so resümiert der Autor, ist unter heutigen Bedingungen nicht mehr möglich. Wo der globale Wettkampf tobt und jeder Unternehmer ist, der feuchte Traum der neoliberalen Monetaristen, da bleibt bei vielen kein Cent für die Rente übrig. Oder für die Ausbildung der Kinder. Schlicht und ergreifend.
Jeder soll sich selbst als eine Ich-AG betrachten und nach Gewinnmaximierung streben. Die Risiken, die früher der Sozialstaat abgeschirmt hatte, wurden privatisiert. Die Altersvorsorge soll in Eigenverantwortung geleistet werden. Gegen Berufsunfähigkeit soll sich jeder selbst versichern. Was früher einmal soziale Sicherheit war, ist auf ein lebensnotwendiges Minimum reduziert worden.
Krise und Boom der US-Gastronomie
Es scheint paradox. Die Gastronomiebranche in den Staaten boomt wie nie zuvor. Nie haben die Menschen in Übersee mehr Geld ausgegeben, um auswärts zu essen. Und nie gab es eine größere Auswahl an Lokalitäten und ein höheres Qualitätsniveau. Wundert kaum, wenn man bedenkt, dass die Food-Hypes der jüngeren Vergangenheit durchweg aus den USA zu uns rübergeschwappt sind. Trotzdem krankt die Branche. Der Wettbewerb ist hart, die Margen sind gering, für den einzelnen Betreiber reichen die Einnahmen kaum aus. Das Angebot ist trotz allem schneller gewachsen, als die Nachfrage, dazu kommt die explodierte Take-Away-Kultur. Derek Thompson hat die Situation für The Atlantic analysiert.
„The superabundance of quality and variety among restaurateurs has created cut-throat competition, particularly in the fast casual sector.“