Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.
Science-Fiction
Science-Fiction erlebt derzeit eine große Renaissance. Nicht, dass das Genre die Bestsellerlisten neu belagern würde. Große Unternehmen haben das Potential für ihre Geschäfte erkannt. Wenn man sich daran erinnert, wieviel Einfluss alleine der Spielberg-Film „Minority Report“ auf die technologische Entwicklung im Bereich Consumer Electronics gehabt hat, dann erkennt man, dass das heute ein riesiges Geschäft ist. Nike und Boeing bezahlen Science-Fiction-Autoren fürstlich, damit sie Zukunftsszenarien für sie erstellen und zugleich die Produkte erfinden, die sie in Zukunft verkaufen können. Es gibt Agenturen, die Leistungen wie Sci-Fi Prototyping, Futurecasting und Worldbuilding anbieten. Worldbuilding – auf so einen bescheidenen Namen muss man erstmal kommen.
„In the decade since, the business world has been increasingly aware of the genre’s potential. In 2017, PricewaterhouseCoopers, the professional services firm that advises 440 of the Fortune 500 companies, published a blueprint for using science fiction to explore business innovation. The same year, the Harvard Business Review argued that “business leaders need to read more science fiction” in order to stay ahead of the curve. “We’re already seeing science fiction become reality today,” said Google’s then-CEO Eric Schmidt in 2012. “Think back to Star Trek, or my favorite, the Hitchhiker’s Guide to the Galaxy — much of what those writers imagined is now possible,” he said, ticking off auto-translation, voice recognition, and electronic books. Jeff Bezos’ product design team built the Kindle to spec from Neal Stephenson’s book The Diamond Age.“
Nike and Boeing Are Paying Sci-Fi Writers to Predict Their Futures
Auf der Suche nach Insekten
Das Insektensterben war eines der großen wissenschaftlichen oder genauer entomologischen Themen, die in der jüngsten Vergangenheit eine breite Öffentlichkeit erreichen konnte – hierzulande meist unter dem Stichwort: Bienensterben. Tatsächlich hat die in Deutschland veröffentlichte Studie zum Rückgang der Bienenbevölkerung weltweit Beachtung gefunden. Längst beobachteten auch Entomologen in den USA und anderen Ländern ähnliches – im Bezug auf Insekten aller Arten. In den letzten Jahren arbeitete man vor allem daran, diese gefühlten Eindrücke messbar zu machen – mit erschreckenden Ergebnissen. Für dieses lange Lesestück hat die New York Times Wissenschaftler besucht, sich detailliert die Studien erklären lassen. Der Text führt einmal mehr die Dringlichkeit der Situation vor Augen, ist aber ein auf vielerlei Ebenen spannendes Feature.
„Riis watched his son, flying through the beautiful day, not eating bugs, and was struck by the melancholy thought that his son’s childhood would lack this particular bug-eating experience of his own. It was, he granted, an odd thing to feel nostalgic about.“
Farewell, Cebit
Einst war sie die große Schau für die neuesten Personal Computer, für EDV-Innovationen, zu denen Businessleute ebenso strömten wie Schüler (entweder als Klassenfahrt oder dem Unterricht fernbleibend), um mit Taschen voller Testversionen auf Dreieinhalb- und Fünfeinviertelzoll-Disketten wieder heimzufahren: die Cebit in Hannover. Seit dieser Woche ist klar: Sie ist Geschichte. Auch der letzte Versuch, sie zu reformieren, scheint gescheitert. Hat das große Messeformat für Digitalisierung die eigene Digitalisierung nicht geschafft? Mehr noch: Wie digitalisiert man sich überhaupt als Messe, als durch und durch analoges Ding mit Ständen, physischen Produkten, Hallen, Besucherzahlen? Sascha Lobo macht sich dazu ein paar interessante Gedanken und konstatiert: Die Umsatzfixierung sei das Kernproblem – und teures WLAN auf der Messe ein Symptom dessen. Es klingt wie ein ungewollter Nachruf.
„User-centric“ ist ein Zauberwort der Digitalisierung, und es bedeutet, dass man sein Produkt um die Nutzer herum organisiert – wohlgemerkt, um die Nutzer und nicht zwingend die Kunden. Die Cebit aber war, wie die meisten Unternehmen des 20. Jahrhunderts, durch die Umsatzfixierung enorm vertriebsgetrieben, und das hat dem Unternehmen selbst geschadet. Im Mittelpunkt standen die Quadratmeter-Käufer und nicht das Publikum.
Backyard
Airbnb ist Fluch und Segen zugleich. Praktisch, wenn man im Urlaub eine verglichen mit Hotels preiswertere Unterkunft sucht – die Hölle, wenn man sich die professionelle Durchdringung des Konzepts in urbanen Ballungsräumen betrachtet. So lässt sich das neue Projekt der Vermittlungsplattform auch auf ganz unterschiedliche Weisen lesen. „Backyard“ – der hauseigenen Forschungsabteilung Samara entsprungen – ist eine Initiative, mit der Airbnb schon im kommenden Jahr eigene Häuser bauen will. Bislang hat man sich bei Airbnb nur in einigen Vorzeigeprojekten daran ausprobiert, die sich auch in Sachen Marketing wunderbar ausschlachten ließen. Aber nun scheint man es ernst zu meinen. Moderne, modulare und automatisierte Häuser sollen entstehen, die – sagt man bei Airbnb – nicht nur praktisch sind, sondern auch die Debatte über die Zukunft des Wohnens in den Mittelpunkt stellt: umweltbewusst und nachhaltig. Geht das Vorhaben auf, könnte für das Unternehmen ein vollkommen neues Geschäftsmodell entstehen. Bis es soweit ist, muss sich der Plattform-Anbieter aber mit genau den gleichen Problemen auseinandersetzen, wie andere Software-Kollegen auch: Hardware is hard.
„Backyard is about creating new options for people, whether they’re Airbnb hosts or not.“