Water Works – Geschichten aus Südafrikas (Wasser)kriseTeil 10 | What The Fog?
11.10.2021 • Gesellschaft – Text: Julia Kausch2021 hat uns mehr denn je gelehrt, dass der Klimawandel real ist. Alle Maßnahmen, die jetzt umgesetzt bzw. installiert werden, können nichts mehr zurückdrehen, sondern im besten Fall nur noch die aktuelle – schon viel zu schlimme Situation – aufhalten. Wie verhält es sich mit dem Klima in Zeiten, in denen Covid-19 eine auf den ersten Blick viel furchtbarere Bedrohung ist? In Südafrika ist die Impfquote gering, die Bedrohung durch die Dürre und Wasserknappheit umso höher. Julia Kausch berichtet für uns seit Anfang letzten Jahres aus dem Land am Kap der guten Hoffnung. Und erklärt in der aktuellen Folge ihrer Kolumne, wie selbst aus Nebel Wasser gewonnen wird. Erklärt hat ihr das die Expertin Alderman Xanthea Limberg der Stadt Kapstadt.
Der Himmel fällt über uns ein. Je höher wir steigen, desto näher rücken wir ihm. Oder ist es etwa umgekehrt und er kommt uns wegen unseres langsamen Tempos großzügig entgegen? „This is the end / Hold your breath and count to ten“: Adeles Stimme dringt leise in meine Gedanken, die sonst gänzlich vom Ächzen meiner Muskeln bestimmt sind. Aber nein, kein Skyfall, der Himmel umhüllt uns vielmehr in sein nasskaltes Wabern, das meine Stimmung ganz akkurat widerspiegelt und gleichzeitig verschlechtert. Dabei sieht es so schön aus – zumindest von unten betrachtet. Wie flüssiger Stickstoff schwebt der Nebel in den Sommermonaten auf dem Tafelberg und fließt an den Seiten der „Tischkante“ hinunter.
Die sogenannte Tischkante ist sagenumwoben: So sagt eine Legende, dass es sich um eine von der San-Gottheit dort abgelegte Tierhaut handle. In einer etwas neueren Version stammt der Nebel von einem Wettrauchen des Piraten Jan Van Hunks mit dem Teufel. Tatsächlich ist das Phänomen Resultat einer orografischen Wolkenformation, also einem Berg, der so weit in den Himmel ragt, dass Wind und Wetter vor Blässe im wahrsten Sinne des Wortes erstarren. Meine Freundin Freya und ich steigen weiter hinauf, noch nicht ganz erstarrt im kalten Nebel, aber doch kurz davor. Unser Ziel ist der Devils Peak am nordöstlichen Ende des Tafelbergs. Dort, wo, wie ja der Name sagt, der Teufel hausiert. Wenn nicht er, dann wartet dort doch zumindest ziemlich viel Nebel, den es zu ernten gilt!
Wade in the Water
Ein Jahr später. Nordhalbkugel, April und Sommer, es ist ja quasi immer Sommer in Mexiko. Ich sitze auf dem Boden eines Airbnbs etwas südlich von Cancún in Puerto Morelos. Es ist acht Uhr morgens, Nebel gibt es keinen, die Sonne steht wie jeden Tag allein am wolkenlosen Himmel und zieht über den Tag hinweg einen Halbkreis durch das gleißende Blau, sagt guten Morgen, gute Nacht – wer braucht da schon Antidepressiva? Wohnzimmer und Küche werden an diesem Morgen zur muskelinduzierenden Proteinshake-Zubereitung genutzt – also habe ich mich in eines der Schlafzimmer zurückgezogen, das leider über keinen Schreibtisch verfügt. 8:01 Uhr, ich habe Zoom bereits geöffnet und ein Teilnehmer – nein eine Teilnehmerin! – erscheint. Alderman Xanthea Limberg, Beraterin der City of Cape Town und bürgermeisterliches Ausschussmitglied, flackert am anderen Ende auf. Sie sitzt in ihrem Bürostuhl in einem dem Anschein nach etwas in die Jahre gekommenen Büros – so wie man es von öffentlichen Ämtern ja erwartet. Mit Stuhl und Schreibtisch ist sie mir trotzdem um Längen voraus, denke ich. Sie lächelt, stellt sich freundlich vor und erklärt mir direkt ihre Rolle in der Arbeit für die Stadt. „Ich bin vor allem für Wasser und Entsorgungsdienste in Kapstadt verantwortlich. Diese Rolle habe ich angenommen, als sich die Dürre zu verschlechtern begann – Anfang 2017. Meine Expertise ging weit über Wasser und Entsorgung hinaus, sodass ich auch für informelle Siedlungen verantwortlich war.“ Eine Verbindung, die sich gerade im Laufe der Wasserkrise als hilfreich erwies: Soziokulturelle Unstimmigkeiten, wenn es darum ging, wer Trinkwasser anzapfen kann und/oder dann dafür angeprangert wird, Wasser zu verschwenden (nein, es zu klauen!), wurden schnell laut. „Auf der einen Seite gab es diese Erkenntnis, dass alle ihren Beitrag zur Konservierung leisten müssen. Und auf der anderen Seite die Reaktion von einigen, die ihre Finger erheben und sich gegenseitig des Überkonsums beschuldigen. Dieser Fingerzeig gilt besonders für Anwohner:innen der informellen Siedlungen, da sie häufig nicht für Wasser und sanitäre Einrichtungen zahlen müssen. Dafür gibt es natürlich gute Gründe“, erklärt Limberg.
Um diese Gründe zu verstehen, lohnt sich eine kurze Reise in eine Zeit, in der an die Apartheid noch nicht zu denken war, in das Jahr 1913. Der Erste Weltkrieg hatte noch nicht begonnen, sollte jedoch auch in Afrika seine sozioökonomischen Spuren hinterlassen, das zu weiten Teilen unter europäischer Kolonialherrschaft stand. In diesem Jahr also trat der „Natives Land Act“ in Kraft, der Schwarze und Coloreds dazu zwang, in für sie vorgesehenen Gebieten zu leben – weit entfernt von der weißen Bevölkerung. Zehn Jahre später wurde diese Segregation mit dem „Native Urban Areas Act“ weiter verschärft, indem der Zugang zu Städten nur unter bestimmten Umständen (kurz: Arbeit für Weiße) gestattet wurde. Zwar bildet die Apartheid den Zenit des institutionellen Rassismus, doch hatte der lange Übergang von der Sklaverei zur Niedriglohnarbeit und Segregation die anhaltende Spaltung der Bevölkerung gerade im geographischen Sinne schon viel früher zur Folge. Mit dem Wahlsieg der Nationalisten im Jahr 1948, die versprachen, das „afrikanische Problem zu lösen“, wurde Apartheid als Mittel zur Erhaltung der erdachten weißen Vormachtstellung implementiert.
Wasser – kulturübergreifend als Symbol des Lebens verstanden –, von Moses geteilt, von Jesus zu Wein gemacht, in US-amerikanischen Sorrow-Songs als Hilfsmittel zur Flucht verschleiert und Ursprung der besten Mysterien wie Atlantis – war und ist häufig gerade für diejenigen knapp, die über Jahrhunderte unterdrückt wurden.
Die noch immer bestehenden Townships, die oft aus selbstgebauten Blechhütten und kleinen Häusern bestehen, verfügten damals über keinerlei Wasser- oder Stromversorgung. Und auch nach Ende der Apartheid wurde dies stadtplanerisch nicht ausreichend adressiert, sodass viele Townships noch heute lediglich über einen Standwasserhahn für 100 Hütten verfügen und zudem Eskoms Stromnetz, das nach 1994 nur marginal angepasst wurde, zum Zerbersten überlasten. „Interessanterweise haben wir im Rahmen dieser Debatte eine Vergleichsstudie gestartet, in der der Wasserverbrauch der Anwohnerinnen verschiedener Gebiete betrachtet wurde. Anwohnerinnen informeller Siedlungen nutzten nur etwa vier Prozent der Wasserversorgung, wohingegen Anwohnerinnen der formellen Siedlungen rund 65 Prozent verbrauchten“, so Limberg. Begrenzte finanzielle Mittel und fehlende Integrationspolitik lassen das Land auch nach Ende der Apartheid in der Schwebe, in der Rassismus auf dem Papier zwar abgeschafft wurde, in Wirklichkeit jedoch fortlebt. Undichte Stellen in den Wasserleitungen waren lange Zeit für große Verluste verantwortlich, die auf kommunaler und nationaler Ebene adressiert wurden. Die Stadt hat viel Geld in die Reparatur dieser undichten Leitungen gesteckt und zudem ein „Wassernachfragesystem eingerichtet, welches den Wasserkonsum über verschiedene Leitungen steuern und einschränken kann,“* setzt Limberg nach.
Wasser. Kulturübergreifend als Symbol des Lebens verstanden, von Moses geteilt, von Jesus zu Wein gemacht, in US-amerikanischen Sorrow-Songs als Hilfsmittel zur Flucht verschleiert und Ursprung der besten Mysterien wie Atlantis – war und ist häufig gerade für diejenigen knapp, die über Jahrhunderte unterdrückt wurden. Der limitierte Zugriff auf Wasserleitungen und räumliche Abgrenzung von diesen (ja, Hähne, einfach zum Aufdrehen!), von welchen Wasser oft nur eimerweise befördert werden kann, lässt den „Day Zero“ fast lächerlich klingen. Zur Erinnerung: Day Zero meint den Tag, an dem der Staat die Wasserversorgung durch Hähne abstellen müsste, da alle Wasserreserven aufgebraucht wären. Anstatt Wasser aus einem der fünf Hähne im Haus einer weißen Person zu erhalten, müsste man diese also eimerweisen nach Hause schleppen. Well, TIA (This Is Africa), wie es so schön heißt. Denn für viele ist dies bereits – oder noch immer – eine tägliche Realität.
Im Jahr 1969, mitten in der Apartheid, nutzte Südafrika ähnliche Vorrichtungen, um Wasser für die Air Force in Mariepskop zu sammeln. Innerhalb von nur 15 Monaten sammelten sie rund 11 Liter pro Quadratmeter.
I Fade to Grey
„Seltsam, im Nebel zu wandern! / Leben ist Einsamsein. / Kein Mensch kennt den andern, / Jeder ist allein“, lautet es in Herman Hesses Gedicht „Im Nebel“. Der Nebel macht einsam, kalt, verlassen. Nicht einmal Licht kann durch ihn hindurch dringen. Und doch, so scheint es, lässt sich diese Einsamkeit wie Reben ernten. Wie Schmetterlinge in Netzen. Wann genau die erste Nebelernte vollzogen wurden, ist nicht ganz klar. Jedoch bestätigen Berichte, dass bereits 1901 Nebelexperimente auf dem Tafelberg durchgeführt wurden. Im Jahr 1969, mitten in der Apartheid, nutzte Südafrika ähnliche Vorrichtungen, um Wasser für die Air Force in Mariepskop zu sammeln. Innerhalb von nur 15 Monaten sammelten sie rund 11 Liter pro Quadratmeter. Zwar werden diese heutzutage nicht mehr genutzt, jedoch waren sie in Zeiten der Not essentiell. Ganz ähnlich hält es der Wüstenkäfer Namibias schon seit Jahrtausenden: Sein etwas schrumpelig aussehender Körper ist perfekt ausgestattet, um schon den geringsten Nebel aus der Wüste aufzufangen und in seinen Mund zu leiten. „Fade to Grey” spielt leise in meinem Kopf an. Nebel als kulturelles Mittel der Verschleierung, des „Ausgrauens”, der Vereinsamung. Mysterien, Unklarheiten und Träume finden sich in ihm wieder. Und doch: Der Verbindung, etwas, das alles umfasst, etwas, was aktiv genutzt werden kann: Wasser, das Elixier des Lebens. Für alle, die es sich leisten können.
„Unsere Wasserstrategie wurde zu Beginn 2019 fertiggestellt und im Mai des gleichen Jahres genehmigt. Wir wollen sicherstellen, dass informelle Siedlungen in unseren zukünftigen Plänen für Kapstadt eingeplant sind. Und diese nicht nur neue Wasserressourcen in Erwägung ziehen, sondern die Bedingungen, unter welchen unsere Bewohner\innen Wasser beziehen und dass diese menschenwürdig konzipiert sind. Gerade die Pandemie hat offengelegt, dass Wasser und Hygiene nicht für alle gleich zugänglich sind. Abstandsregeln und Hygienevorsorge sind leichter gesagt als getan, wenn das eigene Haus einen Wasserhahn mit 99 anderen Hütten teilt. Und doch konnten informelle Siedlungen wieder und wieder beweisen, dass ihr Umgang mit Wasser vernünftiger ist, als der vieler westlicher Wasserhaushalte. Während der Krise haben wir uns dezidiert mit Nachfrageverwaltung befasst, um diese verringern zu können. Bildung und der bewusste Umgang mit Wasser – Kampagnen, die diese gezielt vermitteln, um den Wasserverbrauch zu reduzieren – all dies hatte oberste Priorität für uns. Es muss vielleicht nochmals deutlich gemacht werden, dass jene, die hier geschult werden müssen, keineswegs Menschen der „Informal Settlements“ sind.*
Seit langer Zeit ist Südafrika im Allgemeinen und Kapstadt im Besonderen auf der Suche nach Mitteln und Wegen, Wasser aus anderen Ressourcen als nur Regenwasser zu gewinnen. Die Ideen sind dabei so vielfältig wie abstrus. „Wir haben uns auch mit Möglichkeiten beschäftigt, mehr Wasser aus verschiedenen Quellen beziehen zu können. Entsalzungsanlagen, Wasserleiterbezug, Wiederverwendung und schräge Ideen, die uns durch die Krise helfen könnten. Anfang 2017 haben wir einen Ideenaufruf gestartet, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Optionen wir haben, mehr Wasserressourcen einzubinden, die relativ günstig und leicht zu beziehen wären: Die Vorschläge reichten vom Schlepptransport von Eisbergen von der Antarktis nach Kapstadt bis zur Nebelernte auf Bergen sowie einer Vielzahl anderer innovativer Technologien. Wir haben uns alles genau angesehen und erwogen, was durchführbar wäre.” Dabei sei es essentiell, bisherige Grenzen zu überwinden und neue Konzepte anzuwenden, erklärt Limberg.
Die Nebelernte konnte in der Auswahlrunde überzeugen und wird seit rund einem Jahr weiter untersucht. „Um Wasser aus Nebel beziehen zu können, ist eine gewisse Höhenlage wichtig. Deshalb haben wir den Tafelberg gewählt. Die Küstenlage ist förderlich für die Nebelbildung, sodass unser Standort schnell feststand. Die Technologie, die wir nutzen, ist im Kern ein Polymer-Netz, das auf einen Stahlrahmen gespannt wird, damit es gerade in den Himmel ragt. Daran ist eine Auffangvorrichtung befestigt, die das Wasser in einen Tank leitet. Wir haben Phase eins des Pilotprojekts Ende letzten Jahres hinter uns gelassen und konnten passende Standorte für die Nebelernte ausfindig machen, die wir in der zweiten Phase implementieren können. Wir sind also gerade dabei, diese zu testen. Phase zwei wird bis Dezember 2022 laufen. Wir hoffen, dass wir bis dahin ausreichend Daten erheben, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, ob diese Technologie direkt oder indirekt genutzt werden kann – entweder lokal oder im größeren Rahmen.”
Einer der Standpunkte findet sich direkt auf dem Tafelberg, der andere etwas tiefer gelegen in Richtung der Atlantikküste. Wasser in der Atmosphäre, klar, ist das ausschlaggebende Element und wie Regen nicht immer gleichbleibend vorhanden. Phase zwei hängt also zum Großteil vom Wetter und saisonalen Fluktuationen ab, wird jedoch den entscheidenden Unterschied zwischen der Implementierung und der Idee machen, erklärt sie weiter. „Wir nutzen Geräte, die das Wasservolumen messen, aber auch solche, die uns Einsicht darüber geben, wann eine Nebelernte besonders ertragreich ist.“ Möglicherweise habe Fog Harvesting an diesem Standort und für dieses Ausmaß keinerlei Nutzen, allerdings könne das Wasser auch für kleinen Einsatz genutzt werden, beispielsweise, um die Toiletten auf dem Tafelberg zu spülen, einem Standort, zu dem Tausende Besucher*innen pro Woche kommen, sagt sie.
„Wir müssen verstehen, dass Wasser ein endliches Gut ist und Klimastudien zeigen, dass Wasserknappheit in Zukunft mehr Länder treffen wird, sie länger anhalten und häufiger auftreten.“
„Das Wasser, welches wir durch diese Vorrichtung beziehen, ist kein Trinkwasser. Es muss also entweder weiter behandelt oder aber für andere Zwecke verwendet werden. Am Ende des Tages zahlen unsere Anwohner:innen für die Filtrierung, was eine Tariferhöhung umfassen könnte, die wir nicht einfach hinnehmen können. Gerade unter Covid-19 sind finanzielle Auswirkungen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Deshalb ist es besonders wichtig für uns einen Lösungsansatz zu finden, der preisgünstig ist und gleichzeitig eine signifikante Menge an Wasser bereitstellt: Ob Wiederaufbereitung, Wasserpumpen oder jeglicher anderer Ansatz – es muss in einer annehmbaren Preiskategorie stattfinden.“ Alle notwendigen Auflagen wurden erfüllt und die Testungen erlauben ein einmaliges Bild in die Anwendbarkeit einer solchen Technologie, die von Wind, Wetter und Niederschlag beeinflusst ist. „Ich denke, unsere beste Chance ist weiterhin das Wassersparen. Das kostet uns so gut wie kein Geld. Wir müssen verstehen, dass Wasser ein endliches Gut ist und Klimastudien zeigen, dass Wasserknappheit in Zukunft mehr Länder treffen wird, sie länger anhalten und häufiger auftreten”, so Limberg.
Wie ein Report des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) kürzlich darlegte, sind einige Klimaeinflüsse beispiellos und unumkehrbar – Inseln, Länder, Kontinente sind unfassbaren Folgen ausgesetzt. Natürlich glauben das einige nicht. Klima und Wetter sind bei weitem nicht über einen Kamm zu scheren, jedoch hat 2021 einmal mehr gezeigt, dass Fluten in Deutschland und den Niederlanden und Brände in ganz Südeuropa sowie Kalifornien, Oregon, der Türkei, Südafrika und anderen Ländern des globalen Südens, wie er vermeintlich PC (politically correct) genannt wird, auf dem Vormarsch sind, wie nie zuvor und weiterhin von einigen als Fake News markiert werden. Der Nebel wirkt in Anbetracht dessen wie ein düsterer Fingerzeig auf jenes, was in epischer Hitchcock-Manier noch bevorsteht: den Untergang. Nicht so schlimm, sagen da die Stimmen der Konservativen/Rechten. Denn: Ihre Interessen hängen stark davon ab, dass bitte niemand auch nur das Geringste an ihrem Verhalten ändert. Danke, bitte – cue Hitchcocks Vögel aaaaand Scene. Wie Effie Briest vor ihrem Tod so schön sagt: „Die Nachtluft und die Nebel, die vom Teich her aufstiegen“. Ich denke mich zurück auf den Devils Peak: Freya und ich steigen weiter hinauf, die Beine fast taub, als ich den atemberaubenden Ausblick entdecke und all die Schmerzen der letzten drei Stunden verflogen scheinen. Brain fog? Wahrscheinlich.
What the … fuck?
Erst kürzlich wurde das Ende der Welt erneut verkündet. Diesmal, so heißt es, noch zeitnaher, als zuvor geahnt. Wenig tröstend steht die sogenannte „Doomsdayclock“ seit Januar 2020 auf 100 Sekunden vor zwölf – also kurz vor dem totalen Zusammenbruch, der jährlich aufgrund von politischen Einflüssen, Energie- und Waffenhaushalten, Cyperattacken und Klimawandel kalkuliert wird. Hoffen wir auf also auf Orwells 1984, in dem die Uhren dreizehn schlagen? Wohl lieber nicht.
Die Zeiten, in denen fehlendes Wasser das einzige Problem war, scheinen schon bald der Vergangenheit anzugehören. Doch kein Grund zur Sorge: Die Raketen sind vertikal gen Universum gerichtet, Goldilocks Zone hin oder her. Zumindest für Elon Musk (SpaceX), Jeff Bezos (Blue Origin) und Richard Branson (Virgin Galactic). Und all jene, die genug Kohle haben, um sich ein Ticket zu sichern und kurz mal ins Vakuum schießen zu lassen. Vielleicht kein Wunder, dass Bransons Marketingteam jetzt schon kräftig an der „Space Tourism“-Kurbel dreht, um das Universum schon mal zu „demokratisieren“. Sure thing. Alle drei konnten in diesem Jahr einen mehr oder weniger erfolgreichen ersten Flug verbuchen, nicht zuletzt dank der letzten nun knapp zwei apokalyptischen Jahre, welche die Konten der drei Multimilliardäre nochmal ordentlich aufgepumpt haben. Dass besonders Bezos’ Rakete aussah wie ein übergroßer Penis, war dabei aber egal: Space is the place – der blaue Drops ist für die Superreichen gelutscht und der Startschuss für das neue Space Race gefallen. Ihre Milliarden stecken sie lieber in eigene Raketen und Raumschiffe, als in die Umwelt, denn Wasser gibt es bekanntermaßen auch auf dem Mars – dem Anschein nach paradoxerweise dem Credo „Nach mit die Sintflut“ folgend.
Die Klimakrise treibt nicht nur globale Erwärmung an, sondern mit ihr auch künftige Pandemien sowie Wasserknappheit, Brände, Hungersnöte und Artensterben. Denn, so gibt Limberg zu bedenken, wird „Kapstadts Erfahrung kein Einzelfall sein, sondern ins Gemeingut eingehen. Es gibt viele Möglichkeiten, kollektiv von unserem Fall zu lernen und Kenntnisse zu teilen.“ Südafrika musste Wasserkrisen, einen der härtesten Lockdowns der Welt, Aufstände, Brände, politische und soziale Unruhen durchstehen und wartet wie viele andere afrikanische Länder noch immer auf ausreichend Impfstoffe. Fünf vor zwölf ist lange vorbei, doch ist noch ein letztes bisschen Zeit, an der Uhr zu drehen.