Auf dem Weg: Landstraße in Bulgarien / Juni 2006Eine Kamera, ein Bild und seine Geschichte
25.3.2015 • Gesellschaft – Text & Bild: Fabian ZapatkaEs bleibt nur der sehnsüchtige Blick des Hirten, eine geheimnisvolle, stumme Nachricht.
Weit und grün war die Landschaft in Bulgarien. Zum ersten Mal in diesem Sommer, und auf dieser Reise quälte mich der Heuschnupfen. Blühende Landschaften. Der Pollen schwebte im Sonnenschein, wenige Monate vor dem EU-Beitritt der Bulgaren.
Ich durfte damals mit einem kleinen Team von Filmstudenten unterwegs sein. Zusammen drehten wir an ihrem Diplom-Film. In Berlin waren wir mit einem alten VW-Transporter gestartet. Wir hatten die Alpen durchquert – dunkle Gipfel, durch die der Mensch Tunnel getrieben hat. Hatten Österreich und Slowenien passiert. Und nachts an der kroatischen Adria im Meer gebadet. Auch Bosnien und Serbien lagen schon hinter uns. Nun also seit einigen Tagen Bulgarien. Erst Sofia, dann die weiten, grünen Hügel im Inneren des Landes. Unser Weg sollte uns später am schwarzen Meer entlang nach Vorderasien führen.
Nachdem ich den Bus beinahe über eine Klippe gesteuert hatte, landeten wir abends tatsächlich noch im Straßengraben. Das Auto steckte fest. Also campierten wir und machten ein Feuer. Es zirpte und quakte um uns. Meine Nase kribbelte weiter. Am Morgen dann zog uns ein Esel aus der Misere und hin zu einer kleinen Werkstatt.
Der dicke, freundliche Automechaniker ist rechts unten auf dem Kontaktbogen zu sehen.
Ach, genau. Heute mal ein Kontaktbogen in dieser Kolumne. Da ich ja auf Film fotografiere, fertige ich solche Kontakte an, um die Negative besser archivieren und die Bilder auszusuchen zu können.
Damals schickte ich die fotografierten Filme per Post zurück nach Berlin. Während der langen Reise hatte es mein Freund Ralf Zimmermann in seiner Eigenschaft als Bildredakteur übernommen, meine Filme entwickeln zu lassen und die Kontaktbögen auszuwerten. Nur so konnte damals meine erste Reise-Strecke für die Qvest entstehen. Ein treuer Freund und Förderer ist der Ralf über die Jahre geblieben.
Damals fand gerade die WM in Deutschland statt. Wir sahen jedes Spiel an einem anderen Ort. Überall begrüßten uns begeisterte Menschen. Plötzlich war man als Deutscher unheimlich beliebt. So auch bei diesen beiden Hirten. Ihnen ist der Kontakt ja eigentlich gewidmet. Wir sahen sie am Straßenrand und hielten unseren Transporter an. Leider fehlte es unserer Kommunikation an Vokabeln. So bleibt nur der sehnsüchtige Blick des Hirten, eine geheimnisvolle, stumme Nachricht aus dem Jahre 2006.
Es macht immer wieder Spaß, die alten Kontakte und Negative herauszuholen. Neben den ausgewählten Bildern gibt es zumindest bei Reisefotos immer noch etwas wieder zu entdecken. Der schöne Hirte hat es leider damals nicht in die Europa-Ausgabe geschafft. Dafür jetzt hier.
Am schwarzen Meer angekommen, wo die alten Plattenbauten aus Sowjet-Zeiten in den Himmel ragten, fand ich endlich in einer Apotheke Hilfe. Ein unglaubliches Nasenspray, hier in Deutschland bestimmt nicht zugelassen, vertrieb den Heuschnupfen auf Jahre ohne Nebenwirkungen.
Bald schon machten wir uns auf den Weg weiter Richtung Istanbul.