Auf dem Weg: Irgendwo zwischen Bergen und Geilo. 24.11.2014Eine Kamera, ein Bild und seine Geschichte
3.12.2014 • Gesellschaft – Text & Bild: Fabian ZapatkaEin Roadtrip. Endlich wieder unterwegs sein. Flucht in den Norden.
Schon in München wollte ich immer zu in die Ferne. Vielleicht gibt es ja diese zwei Typen: einen, den es in die Fremde zieht und den anderen, der sich zu Hause wirklich auch so fühlt. Auch wenn am Ende der heimatverbundene Charakter in die Welt hinaus gezwungen wird und der nach der Fremde strebende zu Hause bleiben muss, bleibt bei beiden doch wohl die Sehnsucht nach dem Anderen.
Der Finsternis des Congo, dem Licht von Algier, oder auch den rauen, weiten Fjorden gehörte immer schon meine Sehnsucht. Spät erst habe ich durch meine Kamera eine Entschuldigung gefunden zu reisen und so also erst spät das Unterwegssein in wirklichen Welten kennen gelernt. Schnell war es dann schon wieder vorbei damit. Reisen bleibt heute auf kurze berufliche Abstecher, oder überschaubare Ferientrips beschränkt. Wie sollte ich also nein sagen, als meine guten Freunde Ruben und Alex mich einluden, mit ihnen fürs Intersection Magazin nach Norwegen zu reisen.
Leider sind wir alle drei mehr oder weniger eingebunden und daher wurden es nur fünf Tage auf der Straße. Zu allererst verbrachten wir einen Tag auf der deutschen und dänischen Autobahn. Braune, herbstliche Landschaften vorm regennassen Autofenster. Später am Abend auf die Fähre. Steuerfreie Trunkenheit an Bord; bei hohem Wellengang ging es über die See nach Stavanger. Am nächsten Morgen noch bei Dunkelheit die ersten Schritte aus dem Auto, auf moosigen Waldboden. Die Füße versanken und ich spürte schnell Feuchtigkeit an meinen Zehen. Ein treffender erster Eindruck, den Moos ist in Norwegen weit verbreitet. Sogar Schilder loben diese treue Pflanze. Treffend auch weil ich noch diverse Male nasse Füße auf dieser Reise bekommen habe, auf der es auf mindestens zehn verschiedene Arten geregnet hat. So musste ich immer mal wieder meine Schuhe und Socken irgendwo im Auto trocknen.
Staunend sahen wir hinaus in die norwegische Fauna. Blaue Fjorde, stählerne Wellen, weite Ebenen in braun, rot und grün. Dazwischen immer wieder leuchtende Kreuze, im dämmernden Licht. Über die Straße, wieder übers Wasser, auf die Fähre, dann weiter im Tuareg, eine sich windende Straße in die karge Natur, wieder zurück auf eine andere Fähre und so weiter und so fort ging es durchs Land. Auf der Fähre endlich den frischen Wind im Gesicht spüren. Am Horizont Schnee auf den Bergrücken sehen. Tiefe Freude empfinden.
„ Seltsamerweise sind die Straßen unheimlich schmal im riesigen Norwegen.“
Nach dem wir unser gesponsertes aufblasbares Zelt an einem besonders malerischen Fjord zusammengebaut hatten, wollten wir aber wirklich Kilometer bis Oslo gut machen. Schnell ging es auf tausend, zwölfhundert Meter hinauf. Plötzlich hinter einem Tunnel, wieder mal zu unserem Erstaunen, ein weites Plateau, und noch dazu tief verschneit. Begeistert stolperten wir auf der schneeverwehten Straße herum. Riesige Zugmaschinen räumten derweil die Straße frei. Bald ging es weiter hinauf, auf zweitausend Meter. Dort verschwanden schon die vereinzelt stehenden Häuser unter der Schneedecke. Wir hielten am Straßenrand. Seltsamerweise sind die Straßen unheimlich schmal im riesigen Norwegen. Die Schneebälle flogen, als ich für ein Foto einige Meter auf die Schneefläche treten wollte. Sofort sank ich bis zur Hüfte ein. So entstand unser heutiges Filterfoto.
Gut sehen die beiden aus dieser ungewohnten Perspektive aus. Nach einigen bangen Stunden schafften wir es dann doch noch, auch ohne Schneeketten nach Geilo und von dort gut geräumte Straßen hinunter bis nach Oslo. Fast wären wir noch mit zwei Renntieren zusammen gestoßen. Aber Glück gehabt. Die Tiere konnten vor unseren Scheinwerferkegeln noch sicher in den Wald verschwinden. Leider viel zu schnell war es dann wieder vorbei mit der Fremde. Zuerst kamen wir wieder in das uns bekannte Malmö, dort trafen wir einen guten Freund und bald waren wir wieder auf der so vertrauten Fähre in Richtung Rostock. Als an der ersten Tankstelle in Deutschland eine Fanta plus zwei Ei und ein Mettbrötchen bestellt wurden, waren wir schon wieder in der Heimat. Fremd oder nicht.
Fabian Zapatka ist Fotograf. Er bereist teils Orte, von denen viele von uns nicht mal wissen, dass es sie gibt. Für Das Filter öffnet er jetzt nach und nach sein Archiv. Ein neues Bild und eine neue Geschichte gibt es jeden Mittwoch, nur hier bei uns.