Wieso postet man Katzen, obwohl man keine mag? Sie sind überall.
Ich weiß, ich habe eine ganze Weile kein Katzen-GIF mehr gepostet. Was aber auch daran lag, dass ich diesen Sommer den kleinen Kater Charlie kennengelernt habe. Charlie zeigte sich als äußerst intelligentes, sozialfähiges und putziges Kätzchen, mit dem man sich Stunden lang beschäftigen konnte und dabei auch nie seine Krallen ausgefahren hat. Es fühlte sich an, als würde sich UIi Hoeneß nach seiner Haftzeit bei Reinhold Beckmann in einem Offenbarungs-Interview als allzu sympathischer Gutmensch herausstellen, der mit seinen Adidas-Millionen im Heimlichen nur deshalb spekuliert hat, weil er ein komfortables Flüchtlingsressort gemeinsam mit Til Schweiger und Mark Zuckerberg am Starnberger See bauen wollte und zukünftig alle Umsätze seiner Wurstfabrik an die Unicef spendet. „Vielleicht alles doch nicht so schlimm?“, war mein Gedanke. Charlie hätte mich beinahe weichgekocht.
Bis ich diesen Herbst auf Costas traf, ein Kater aus Zypern, der sich in den Berliner Bergmannkiez verirrt hat und nun in einer hübschen Zweizimmerwohnung zur Mieze wohnt. Unsere Zusammenkunft dauerte keine Minute und wie beim Platzen einer Blase wurde mir ganz schnell wieder deutlich, wieso ich sonst immer versucht hatte, Katzen seltener im Jahr zu treffen als meine von mir mittlerweile sehr geschätzte Zahnärztin. Da war sie nämlich wieder, diese Arroganz der Katzen, diese Überheblichkeit, dieser pseudo-autoritäre, degradierende, diktatorische Blick.
Als müsste ich das allerletzte Kolibri-Ei der Welt vor einem Erdbeben der Gattung Roland Emmerich schützen – so zart und sanft versuchte ich Costas zu berühren, um ihm meine Ehre zu erweisen – er biss mir in die Hand. Einmal, zweimal, viermal. Zum Glück war Costas satt und hatte wohl auch eine Fünf in Sport. Ergo, ich konnte seine missbilligenden Attacken ohne bleibende Schäden überstehen. Das Essen und die alkoholischen Getränke von Costas' Bediensteten waren indessen ausgezeichnet. Ich habe mir die Anwesenheit der zypriotischen Feline für den Rest des Abends einfach schön gesoffen.
„Wie kann es sein, dass ich mich noch nie gefragt habe, wieso der Kater eigentlich Kater heißt?“, war mein früher Gedanke am nächsten Morgen, kurz nachdem ich die ersten Kopfschmerzen versucht habe zu sondieren und zu analysieren. Dabei sind die Gemeinsamkeiten doch offensichtlich. Ein Kater ist per se hinterfotzig, fies, nervt und verbreitet ziemlich üble Stimmung. Dabei hat der Wortursprung des durch Alkoholvergiftung verursachten Katers gar nichts mit Mäusefressern gemein. Eher handelt es sich um eine Verballhornung des Wortes Katarrh, die im 19. Jahrhundert durch saufende Studentenschaften in Umlauf gebracht wurde. Ein Kater hat mit dem Katarrh, einer Schleimhautentzündung, medizinisch gesehen nichts zu tun. Eher werden die Kopfschmerzen und weitere Symptome wie Erbrechen durch Dehydration verursacht. Daher gilt seit Ewigkeiten die einzig wahre Lösung gegen Kater: Immer viel Wasser trinken und vorm Schlafengehen eine Ibuprofen reinstellen. Man macht es ja doch nicht.
Den Kater in seiner Doppelbedeutung gibt es interessanterweise auch im Niederländischen. Und auch die Polen sagen Kac sowohl wenn sie eine männliche Katze benennen als auch wenn der Sonntag miefend vor die Schweine geworfen wird. In anderen europäischen Sprachen ist der linguistische Katzenhass nicht so ausgeprägt. In England heißt es bekanntlich Hangover und visuell denkt man bei dem Wort entweder an schlaffe Dali-Uhren oder exzessive Keramikgottesdienste. Hangover bedeutet aber in etwa auch so was wie Nachwehen. Wenn vergangene Erlebnisse sozusagen einen unerfreulichen „Überhang“ in der Gegenwart haben. Im Spanischen ist unterdessen die Rede von resaca. Was zum einen von resacar kommen könnte, was so viel heißt wie „sich erholen“ oder auch von rio seco, was „ausgetrockneter Fluss“ bedeutet und eine schöne Metapher für die alkoholbedingte Dehydration wäre. Die Franzosen haben nach einer durchzechten Nacht entweder den Kopf im Arsch (avoir la tête dans le cul) oder einen Holzmund (guele de bois), was man auch mit Pappmaul übersetzen könnte. Wie immer sehr poetisch und bildhaft dieses Französisch. In Dänemark und Island ist hingegen ein Handwerker Sinnbild für dicke Köpfe. Hier ist es der Tømmermænd bzw. timburmaður, der den Saufjünger in die Horizontale zwingt: der Zimmermann also. Ein gutes Bild. Das kreischende Sägen und laute Hämmern in einer staubigen Werkstatt wären wohl das Letzte, was man im verkaterten Zustand als Komfortzone deklarieren würde.
Kommen wir nun zu diesem GIF. Hier haben wir eine Katze (bzw. Kater), die sich in der Fusionierung mit einem verwaisten Blumentopf übt. Statt avoir la tête dans le cul hat sich die Katze einen Übertopf ausgesucht, in den sie ihren Kopf straußenmäßig verstecken kann. Ein trauriger Anblick, den das Tier abliefert und auch jegliche Versuche des Menschen Trost und Wärme zu spenden, werden erst ignoriert, um danach schnell wieder vergessen zu werden. Andererseits wusste ich nicht, dass man eine Katze derart klein zusammenfalten kann. Sehr praktisch! Aber was könnte die Katze in diesem Blumentopf wirklich wollen? Hat sie eine tote Ratte verbuddelt? Ist sie einfach nur fertig vom harten Alltag des Geld verdienen, übelst versoffen, gar Fan vom VfB Stuttgart oder alles zugleich? Man kann es nur erahnen. Bleibt zuletzt eine philosophische Frage: Was passiert eigentlich, wenn ein Kater einen Kater hat? Geht das überhaupt? Implodiert dann eigentlich das Internet?